Solltest du deine Workouts an deinen Zyklus anpassen?

Coaching

Manche Expert:innen sind der Meinung, dass du unter Umständen nicht nur beim Training bessere Erfolge erzielst, wenn du deine Workouts an deinen Menstruationszyklus anpasst. Hier erfährst du mehr darüber.

Letzte Aktualisierung: 8. Februar 2022
9 Min. Lesezeit
Solltest du deine Workouts an deinen Zyklus anpassen?

Lass uns über Menstruation sprechen. Spätestens seit dem Biologieunterricht weißt du, dass sie für jede Frau ein gesunder Teil des Lebens ist. Und doch wetten wir, dass dir weder in der Schule noch in der Arztpraxis gesagt wurde, dass die Menstruation und der 28-tägige Zyklus, zu dem sie gehört, dir möglicherweise einen Leistungsvorteil verschaffen könnten.

Das Wichtigste über Hormone

Der Körper einer Frau produziert Östrogen (hauptsächlich verantwortlich für die Entwicklung der Fortpflanzungsfähigkeit) und Progesteron (bereitet die Gebärmutter auf eine mögliche Schwangerschaft vor). Der Östrogen- und Progesteronspiegel schwankt regelmäßig, was sich nicht nur während der Periode, sondern an jedem Tag des Zyklus auf die Art und Weise, wie du dich bewegst, denkst und fühlst, auswirken kann, sagt Dr. Georgie Bruinvels, Forschungswissenschaftlerin beim Bioanalytik-Unternehmen Orreco. Das ist der Grund, warum du dich an einem Tag total energiegeladen fühlst und am nächsten Tag nicht vom Sofa runterkommst und beim Anblick einer Tierschutzanzeige in Tränen ausbrichst.

Dieses Auf und Ab kann sich auch darauf auswirken, wie sich dein Körper an dein Training anpasst – und das kann etwas Gutes sein. Es bedeutet, dass du an einem bestimmten Tag im Monat möglicherweise strategisch planen kannst, wann und wie du trainierst, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

"Die Anpassung an deinen Zyklus bedeutet, dass du deinen Trainings- und Ernährungsplan an die hormonellen Vorgänge anpasst, damit du den größtmöglichen körperlichen, geistigen und emotionalen Nutzen daraus ziehen kannst", sagt Dr. Stacy Sims, Physiologin für Athletinnen und Autorin von Peak – Performance für Frauen: Wie Sie Ernährung und Fitness perfekt auf den weiblichen Organismus abstimmen, einem physiologisch fundierten Ernährungs- und Trainingsratgeber für aktive Frauen. Auch wenn sich die Forschung zur Anpassung des Trainings an den Zyklus ständig weiterentwickelt, kann die Umsetzung in die Praxis durchaus von Vorteil sein.

Wenn du dich auf deinen natürlichen Zyklus einstellst (d. h. ohne hormonelle Verhütungsmittel, da die meisten von ihnen den Hormonhaushalt beeinflussen und daher eine andere Herangehensweise erfordern), hilft dir diese Menstruationskarte von Sims beim Durchlaufen der verschiedenen Phasen deines Zyklus. Beachte jedoch, dass jeder Körper und jeder Zyklus anders ist und daher keine Erfolgsgarantie versprochen werden kann. Aber zumindest könnte es eine willkommene Abwechslung sein, eine neue Routine auszuprobieren – und du könntest neue Erkenntnisse darüber gewinnen, was deinem Körper guttut.

Solltest du deine Workouts an deinen Zyklus anpassen?

Tag 1 bis 7 (ungefähr): Hör auf dich selbst

Zur Orientierung: Tag 1 ist der erste Tag deiner Periode – also der Phase deines Zyklus, in der am meisten passiert. Manche Frauen fühlen sich total energiegeladen (sowohl Östrogen als auch Progesteron sind zu dieser Zeit am niedrigsten), während andere von den menstruationsbedingten Symptomen völlig aus der Bahn geworfen werden, so Sims.

Wenn du dich gut fühlst, kannst du dir deinen niedrigen Hormonspiegel wie folgt zunutze machen:

  1. Trainiere mit hoher Intensität.
    Physiologisch gesehen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um dich zu pushen. Du könntest beispielsweise ein paar HIIT-Workouts ausprobieren oder dich mit Sprints auspowern.
  2. Heb Gewichte.
    Du kannst jetzt auch mit schwereren Gewichten trainieren. Aufgrund von Stoffwechselverschiebungen können sich deine Muskeln schneller von der Belastung erholen.

Wenn du jedoch unter menstruationsbedingten Symptomen wie Krämpfen, Benommenheit und Magenproblemen leidest, warte, bis diese abklingen, bevor du mit intensiven Trainingseinheiten beginnst. (Und iss entzündungshemmende Lebensmittel, die reich an Kalzium und den Vitaminen D und B sind, wie z. B. Bananen, Naturjoghurt und grünes Blattgemüse, rät Sims.) Du könntest stattdessen diese leichteren Aktivitäten ausprobieren:

  1. Mach einen Spaziergang.
    "Du willst dich wahrscheinlich am liebsten auf die Couch verkriechen (und das ist definitiv auch erlaubt!), aber Bewegung im Freien kann sowohl dem Körper als auch dem Geist guttun", so Sims. Geh spazieren oder absolvier einen kurzen Lauf. Vielleicht wird es ja ohnehin mal wieder Zeit für einen Abstecher in dein Lieblingscafé. Und wusstest du, dass körperliche Aktivität Endorphine – ein körpereigenes Schmerzmittel – freisetzt?
  2. Entscheide dich für sanfte Bewegung.
    Die Verbesserung der Durchblutung kann zur Schmerzlinderung beitragen. Du könntest zum Beispiel Yoga machen. Eine langsamere, sanftere Variante wie Yin- oder Hatha-Yoga ist möglicherweise genau das Richtige für dich. Profitipp: Mit einfachen Motivationsmantras lassen sich Körper und Geist wieder in Schwung bringen.

Ganz gleich, wie du dich fühlst, nutze diese Zeit, um etwas Schlaf nachzuholen. Deine Körpertemperatur ist niedriger, was dir hilft, deinen natürlichen Schlafrhythmus zu verbessern, so Sims. (Schnapp dir eine Wärmflasche oder ein Wärmekissen, wenn du wegen Krämpfen nicht einschlafen kannst.)

Tag 7 bis 14 (ungefähr): Fordere dich heraus

Sobald deine Periode vorbei ist und solange dein Hormonspiegel noch niedrig ist, kannst du dich so richtig ins Zeug legen. "Du solltest energiegeladener und klarer im Kopf sein. Außerdem sollte deine Koordination besser sein und du solltest dich bereit fühlen, im Fitnessstudio alles zu geben", so Sims.

Die körperliche und mentale Veränderung ist vielleicht genau das, was du brauchst, um dein Training auf das nächste Level zu heben. Du kannst dich jetzt bis zum Eisprung voll und ganz auf Folgendes konzentrieren:

  1. Versuch dich an etwas Neuem.
    Ob Klimmzüge oder Pilates: Das Plus an Kreativität und Koordinationsfähigkeit kann dir helfen, eine Übung in Angriff zu nehmen, die du noch nie ausprobiert hast. Wenn du Erfolge sehen willst, entscheide dich für eine Übung, die auf einer Bewegung basiert, die du bereits beherrschst. Du liebst Kettlebell Swings? Dann versuch es mit einem Kettlebell Snatch. Der Delfin gelingt dir sicher? Vielleicht kannst du einen Kopfstand machen.
  2. Gib alles.
    Lange Rede, kurzer Sinn: Bei einem niedrigen Hormonspiegel kann dein Körper leichter auf Energie für dein Training zugreifen, vor allem für Workouts mit hoher Intensität. Außerdem, so Sims, steigt mit dem Anstieg des Östrogens gegen Ende dieser Phase auch die Schmerzgrenze. Zusätzlich sorgt dieser ausgeglichene Hormonhaushalt dafür, dass sich beanspruchte Muskeln schneller und stärker regenerieren. Sprinte also schneller, mach ein härteres Workout des Tages, mach dich auf die Jagd nach einer neuen persönlichen Bestleistung – dein Körper kann es schaffen.

Wenn du deine innere Athletin kanalisierst, solltest du auf regelmäßigen Schlaf achten und viel Eiweiß, gesunde Fette, komplexe Kohlenhydrate und buntes Gemüse essen, um deine Muskeln zu regenerieren, empfiehlt Sims.

Solltest du deine Workouts an deinen Zyklus anpassen?

Tag 14 bis 21 (ungefähr): Mach mehr Ausdauertraining und schalte dann zurück

Die dritte Phase deines Zyklus beginnt direkt nach dem Eisprung (wenn ein Eierstock eine reife Eizelle freisetzt). Zu Beginn dieser Phase sinkt der Östrogenspiegel schnell ab, was dazu führen kann, dass du dich schlapp fühlst, so Sims. Das ist für niemanden angenehm, aber mit diesen Tipps kannst du das Beste daraus machen:

  1. Arbeite an deiner Ausdauer.
    Mach eine Wanderung mit fordernden Anstiegen oder einen längeren Lauf, denn ein gleichmäßiges Ausdauertraining sollte sich nachhaltiger anfühlen, so Sims. Trainiere mit leichteren Gewichten, damit du mehr Wiederholungen machen und so deine muskuläre Ausdauer verbessern kannst.
  2. Beachte den Grundsatz "weniger ist mehr".
    Der Östrogenabfall nach dem Eisprung kann laut Sims deinen Energiehaushalt beeinträchtigen. Das ist völlig normal – besonders, wenn du zu PMS neigst. Ein bisschen Bewegung kann dir mehr Energie geben als gar keine, sagt Sims. Wenn du ein Stimmungstief hast, solltest du die Intensität oder Dauer deines Trainings nach Bedarf reduzieren, denn wenn du dich jetzt anstrengst, könntest du dich nur noch erschöpfter fühlen.

Oder auch nicht: Manchen Frauen geht es in dieser Phase unverändert gut, sagt Bruinvels. Wenn das auf dich zutrifft, kannst du diese Phase als eine Zeit betrachten, in der du dein Training beibehalten kannst anstatt es drastisch voranzutreiben oder zu verändern, sagt sie.

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Tag 21 bis 28 (ungefähr): Erholen und Regenerieren

Für die meisten Frauen ist die Woche vor der nächsten Periode die unangenehmste Zeit. Aufgrund des hohen Hormonspiegels fühlt man sich laut Sims jetzt häufig nervös, reizbar und abgeschlagen. Vielleicht bist du körperlich und geistig sogar völlig erschöpft oder stellst Entzündungen und Blähungen fest (hallo, PMS). Außerdem aktiviert der hohe Progesteronspiegel deine Stressreaktion, was zu einer höheren Ruheherzfrequenz und Körpertemperatur führt, wodurch sich wiederum manche Bewegungen anstrengender anfühlen können als sonst. Bleib aktiv, rät Sims, denn das kann dir helfen, dich rundum besser zu fühlen. So findest du das richtige Gleichgewicht:

  1. Drossle die Intensität.
    Wenn du dich nicht in der Lage fühlst, dein übliches Trainingsprogramm zu absolvieren (was vollkommen OK ist), dann mach es einfach nicht. Nimm stattdessen weniger Gewichte, mach weniger Wiederholungen, verlängere deine Pausen und lass es langsamer angehen. Schalte einfach einen Gang zurück, empfiehlt Sims. Oder bleib bei Aktivitäten mit geringer Intensität wie Yoga oder Pilates, die deinem Körper helfen, sich zu erholen. Pluspunkt dabei: Diese Übungen für Körper und Geist regen dazu an, dass du dich auf deine Atmung fokussierst und sie kontrollierst. Das kann dir helfen, deine Herzfrequenz zu regulieren und dich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, um Ängste abzubauen, sagt sie.
  2. Sei gut zu dir.
    Diese Woche ist die beste Zeit, um pfleglich mit dir umzugehen. Gönn dir eine Massage, ein Schaumbad oder etwas anderes, das dich entspannt. Sims empfiehlt, Zeit mit Freundinnen, Freunden und deinen Lieben zu verbringen (wenn ein persönliches Treffen nicht möglich ist, könnt ihr auch telefonieren oder videochatten), um den Spiegel des Wohlfühlhormons Serotonin zu erhöhen. Wenn du dir jetzt eine Auszeit gönnst, kannst du dich körperlich und geistig wieder aufladen, wenn deine Energie in der frühen Phase (während der Periode und in den Tagen danach) wieder zunimmt. So schließt sich der Kreis.

Wenn du ausprobierst, dein Training an deinen Zyklus anzupassen: Vergiss dabei nicht, dass du die Möglichkeit hast, jeden Monat etwas anderes auszuprobieren. So lernst du etwas über deine hormonellen Muster. Wenn du aber nach all den Versuchen keinen großen Unterschied siehst oder spürst oder dich das Ganze stresst, ist es vielleicht nichts für dich. Letztendlich kommt es darauf an, so zu trainieren, wie es für deinen Körper und dein Naturell am besten ist.

Text: Charlotte Jacobs
Illustration: Xoana Herrera

Solltest du deine Workouts an deinen Zyklus anpassen?

Mach mehr aus deinem Training

Weitere Anleitungen einschließlich Workouts findest du im NikeSync-Programm in der Nike Training Club App. Alternativ kannst du dir auch in der Nike Run Club App das Gespräch von Lydia O'Donnell und Stacy Sims über den Menstruationszyklus anhören.

Ursprünglich erschienen: 10. September 2021

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