In guter Gesellschaft: Marchistas

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Dieses Team im Geh-Sport aus Guatemala zeigt, wie das Gehen Teil der nationalen Identität geworden ist.

Letzte Aktualisierung: 22. Oktober 2021
9 Min. Lesezeit

In guter Gesellschaft ist eine Serie über Teams und Vereine, für die es beim Sport um mehr als nur Pokale und Titel geht.

In Texas ist es Football. In Brasilien ist es Fußball. In Guatemala dreht sich alles ums Gehen. Das Gehen wurde 2012 in Guatemala sprunghaft populär, nachdem Erick Barrondo bei einem 20K-Lauf in London die Silbermedaille gewann. Das war die erste olympische Medaille in der Geschichte Guatemalas. Dieses monumentale Ereignis brachte den Sport umgehend in das nationale Bewusstsein als Möglichkeit für junge Leute, sich und ihre Zukunft zu fördern.

In guter Gesellschaft: Marchistas

Von links: Abner Pop, Zoe Ruiz, Diana Ruiz, Esmeralda Tiul, Pamela Ruiz

Die Regeln sind einfach. Die richtige Technik besteht darin, schnellstmöglich von der Start- zur Ziellinie zu gehen. Ein Fuß muss immer den Boden berühren und das führende Bein muss immer ausgestreckt bleiben. Dadurch werden Arme und Bein synchronisiert und ein "Gleiten" für mehr Tempo vermieden. Für Zuschauer:innen sehen diese Bewegungen vielleicht komisch aus. Aber die dynamische Hüftbewegung ist für viele Menschen aus Guatemala ganz natürlich, die seither Merengue tanzen. Für viele Menschen ist Gehen einfach eine Art Merengue für 20, 30 oder 50 Kilometer.

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Von links: Yasuri Palacios, María Peinado, Pedro López, José Oliva, Lisbeth López

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Von links: Abner Pop, Pamela Ruiz, Juan Coy

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Von links: Yasuri Palacios, María Peinado, Pedro López, José Oliva, Lisbeth López

Von links: Abner Pop, Pamela Ruiz, Juan Coy

Vor Ericks Medaillenerfolg wurde Marcha, wie man Gehen in Guatemala auch nennt, primär im Militär praktiziert. Das nationale Bewusstsein identifizierte Marschieren mit Krieg, Konflikten und Angst. Heute hat das Land mehrere Geh-Teams, deren Athlet:innen bis zu 6 Jahre jung sind. Viele Teammitglieder kommen aus Arbeiterfamilien (50 Prozent aller Guatemalteken leben in Armut). Jetzt verbinden die Leute Marschieren mit Hoffnung, mit einem Weg in eine positive Zukunft.

Von den 24 Athlet:innen, die sich für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio qualifizierten, sind neun Geh-Sportler. Es ist keine Untertreibung: Der Sport ist ein Grundpfeiler der nationalen Identität. Im Verlauf der 10-jährigen Karriere von Erick Barrondo investierte die Regierung von Guatemala fast 8 Millionen GTQ (ca. 1 Million US-Dollar) in sein Training und Sponsoring. Viele talentierte Geh-Sportler:innen erhalten ein monatliches Stipendium für ihre Bildung und Lebenshaltungskosten. Guatemalteken sehen das Gehen als Chance auf eine bessere Zukunft und eine Möglichkeit, der Armut zu entfliehen. Schritt für Schritt.

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Viele Athleten im Gehen trainieren in den Straßen von Guatemala-Stadt. Von links: Juan Ortíz, Glendy Teletor, Yasuri Palacios, Yaquelin Teletor, Lisbeth López, Maria Peinado

Zur Hoffnung und den körperlichen Vorteilen des Sports kommt hinzu, dass das Gehen zugänglicher als manch andere Sportart ist. Es verbindet Generationen an guatemaltekischen Familien, Freund:innen und Nachbar:innen auf eine Weise, die nur Team-Sport erreichen kann. Auch wenn es wie eine individuelle Anstrengung wirkt, findet das Gehen in einer Team-Umgebung statt, die für die Erfahrung und echten Erfolg im Sport unverzichtbar ist. Im Training wird eine Strecke von bis zu 30 Kilometern zurückgelegt. Dabei verbringt man die Stunden Seite an Seite mit Teamkamerad:innen, die mit der Zeit zur eigenen Familie werden. Das Team in unserem Film besteht aus Athlet:innen aus den verschiedensten Verhältnissen und Altersgruppen (von 6 bis 25 Jahre alt) sowie verschiedenen sozialen Hintergründen. Was sie trotz verschiedener Hintergründe verbindet, ist die Liebe zum Sport und die Passion dafür, immer mit einem Fuß auf dem Boden zu bleiben.

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[Left] Von links: Yaquelin Teletor, Gaby Sica, María González, Katherine Marroquín, María Peinado, Lisbeth López, Yasuri Palacios, Glendy Teletor, Sergio Perez, Bryan Matías, Pedro López, Juan Ortíz, José Oliva

[Links] Von links: Yaquelin Teletor, Gaby Sica, María González, Katherine Marroquín, María Peinado, Lisbeth López, Yasuri Palacios, Glendy Teletor, Sergio Perez, Bryan Matías, Pedro López, Juan Ortíz, José Oliva [Rechts] Im Uhrzeigersinn von links: Katherine Marroquín, María González, Sergio Perez, Gaby Sica, José Oliva, Ronín Ortiz, Juan Ortíz, Lisbeth López, Pedro López, Yaquelin Teletor, Bryan Matías, Glendy Teletor, María Peinado, Yasuri Palacios

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Im Uhrzeigersinn von links: Katherine Marroquín, María González, Sergio Perez, Gaby Sica, José Oliva, Ronín Ortiz, Juan Ortíz, Lisbeth López, Pedro López, Yaquelin Teletor, Bryan Matías, Glendy Teletor, María Peinado, Yasuri Palacios

Triff das Team

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Juan Ortíz, José Oliva, Bryan Matías

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Bryan Matías

Juan Ortíz, José Oliva, Bryan Matías

Bryan Matías

"Beim Wettlauf fühle ich die Passion für Guatemala, die Passion für den Kampf um eine Medaille und den Kampf für meine Zukunft und die Zukunft meines Landes."

Bryan Matías, 16
2021 Gewinner des Pan American Cup

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"Ich will für mein Land Geschichte schreiben und Mädchen und Frauen zeigen, dass sie jedes Ziel erreichen können, egal wie groß oder klein."

Yasuri Palacios, 21
Rekordhalterin bei den North American, Central American and Caribbean Championship (NACAC) Leichtathletik-Meisterschaften

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"Gehen hat mir eine Chance gegeben, mit verschiedenen Menschen zu sprechen. Und das verändert, wie ich das Leben sehe. Wenn jemand meine Hilfe braucht, sind wir immer füreinander da. Wenn neue Teamkamerad:innen hinzukommen, teile ich meine Erfahrungen mit ihnen. Wenn sie ihre Zeiten verbessern müssen, nehme ich sie mit und helfe ihnen auf ihrem Weg."

Yaquelin Teletor, 16
2021 Bronze-Medaillistin beim Pan American Cup

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"Ich lerne gerne und ich mache gerne Sport, weil ich mit meinem Onkel trainiere. Ich habe noch nie an einem Wettbewerb teilgenommen, weil ich dafür noch zu klein war. Aber immer, wenn ich trainiere, fühle ich mich als Gewinnerin."

Zoe Ruiz, 6
Jüngste Geh-Sportlerin, die mit dem Cobán-Team trainiert

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"Jeder Wettkampf ist spannend und ich freue mich, meinen Bezirk und mein Land zu vertreten. Das ist eine große Ehre. Ich finde, dass jede Anstrengung mich einen Schritt näher an das olympische Podium bringt."

Abner Pop, 14
Mittelamerikanischer Silbermedailllengewinner

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"Chancen sind für die da, die sie ergreifen. Träume halten ewig."

Glendy Teletor, 19
Läuft seit 9 Jahren mit ihrer Schwester Yaquelin

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Lisbeth López

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Von links: Lisbeth López, Juan Ortíz

Lisbeth López

Von links: Lisbeth López, Juan Ortíz

"Ich liebe den Wettkampf. Ich sehe die jubelnden Leute und spüre ihre Unterstützung. Das macht mich emotional, denn ich repräsentiere mein Land und mein Team. Im Gehen steckt pure Energie. Wir kämpfen für unsere Ziele und lassen alle Hindernisse hinter uns."

Lisbeth López, 15
Silbermedaillengewinnerin der North American, Central American and Caribbean (NACAC) Meisterschaft

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"Am Gehen gefällt mir am meisten das Team. Und es ist nicht nur ein Team. Es ist Familie. Training ist für mich nicht nur Sport. Es ist mein täglich Brot."

Pedro López, 20
Goldmedaillengewinner der North American, Central American and Caribbean (NACAC) Meisterschaft

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Ronín Ortiz

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Von links: Ronín Ortiz, Mirna Ortiz

Ronín Ortiz

Von links: Ronín Ortiz, Mirna Ortiz

"Es freut mich, wenn meine Mom mir beim Training zuschaut. Ich gehe wegen ihr und wegen meiner ganzen Familie. Meine Mom, ihr Partner (Erick Barrondo) und meine Cousins sind alle Profis. Ich gehe seit meiner Kindheit zur Laufbahn und habe schon immer gerne meiner Familie zugeschaut. Es gefällt mir, dass ich trotz meiner geringen Erfahrung bereits so viel Verbindung mit dem Sport habe."

Ronín Ortiz, 13
Sohn von der Olympionikin Mirna Ortiz, der erstmals zum Gehen antritt

In guter Gesellschaft: Marchistas

"Bevor ich mit dem Gehen begann, hatte ich nur kleine Träume. Aber durch das Gehen habe ich entdeckt, was ich wirklich will. Bevor ich den Sport und die Community kannte, ließ ich mich von anderen oft beeinflussen. Aber jetzt weiß ich besser, wer ich bin und was ich will."

Gabby Sica, 11
Anfängerin im Geh-Sport

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"Der Fußball in Guatemala ist nicht so gut. Und mir wurde klar, dass ich im Geh-Sport mehr erreichen könnte. Meine Tante und meine Cousins, die gerade von den Olympischen Spielen zurückkamen, waren meine Inspiration. Die Hüftbewegung fällt mir nicht leicht. Aber der Sport steckt in meinen Genen. Es war unausweichlich."

Juan Ortíz, 15
Fußballspieler und angehender Geh-Sportler

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Von links: Yasuri, José Oliva, María Peinado, Lisbeth López, Pedro López

Text: Julio Serrano Echeverría
Fotos: Juan Brenner
Film: Juan Brenner, Paolo Giron

Ursprünglich erschienen: 22. Oktober 2021

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