Was bedeutet Regulation des Nervensystems und wie geht das?
Gesundheit und Wellness
Expert:innen bieten hilfreiche Tipps, wie du deinen Stress kontrollieren kannst.
Wenn du dich für die Regulation des Nervensystems interessierst, weißt du wahrscheinlich bereits, dass das Nervensystem eine entscheidende Rolle für dein Energielevel, deine Laune und sogar deine sportliche Leistung spielt. Vielleicht fühlst du dich überfordert und überarbeitet oder auch gelangweilt und kraftlos. Wenn du nach möglichen Lösungen suchst, bist du hier genau richtig.
Bevor wir zu den Lösungen kommen, sollte noch auf Folgendes hingewiesen werden: Neurowissenschaftler:innen sagen, dass das Konzept der "Regulation des Nervensystems" so breit gefasst ist, dass es fast keine Bedeutung hat. Grundsätzlich ist dies kein wissenschaftlicher Begriff.
Dies liegt daran, dass dein Nervensystem ein komplexes Netzwerk aus Gewebe und Zellen ist, das so ungefähr alles steuert, was du machst, auch wie du deinen Körper bewegst, Essen verdaust, Erinnerungen speicherst, auf Stress reagierst usw.
So regulierst du dein Nervensystem
Wenn wir über die Regulation des Nervensystems sprechen, drängt sich die Frage auf, welchen Teil des Nervensystems du genau zu regulieren versuchst.
Wenn Expert:innen über die Regulation des Nervensystems sprechen, meinen sie damit normalerweise die Schaffung eines besseren Gleichgewichts zwischen dem sympathischen Nervensystem (das mit der "Kampf oder Flucht"- oder der "Lauf!"-Reaktion verbunden ist) und dem parasympathischen Nervensystem (das eine Rolle für Ruhephasen und die Regeneration spielt), so Arielle Schwartz, Ph.D., klinische Psychologin und Yogalehrerin.
Jedes dieser Systeme stellt eine Komponente des vegetativen Nervensystems dar, also des Teils des peripheren Nervensystems, der automatisch funktioniert, ohne dass du dir dessen bewusst bist. Und du brauchst beide. Das sympathische Nervensystem genießt seit langer Zeit einen schlechten Ruf, weil es die Stressreaktion initiiert. Aber es ist auch der Grund dafür, dass du laufen und tanzen kannst. Das parasympathische Nervensystem erlaubt es dir, dich auszuruhen, damit du am nächsten Tag wieder alles machen kannst.
Idealerweise arbeiten die Systeme harmonisch miteinander, wie Yin und Yang. Aber du bekommst irgendwann Probleme, wenn du dich ständig im Alarmzustand befindest, weil kontinuierlicher Stress eine ununterbrochene Aktivierung des sympathischen Nervensystems bedeutet. Und laut einem Bericht in einer Ausgabe der Zeitschrift Current Neuropharmacology aus dem Jahr 2016 kann dies zu einer Entzündung führen, die mit Depressionen in Verbindung gebracht wird. In mehreren großen Forschungsberichten werden Entzündungen als Ursache für Depressionen genannt.
Wenn du dich erschöpft oder ausgebrannt fühlst, so kann die Aktivierung des Vagusnervs (der zum parasympathischen Nervensystem gehört, das von deinem Gehirn bis zu deinen Eingeweiden verläuft) laut Expert:innen dabei helfen, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Dies liegt daran, dass dieser Nerv unsere Laune reguliert, unsere Herzfrequenz senkt und uns dabei hilft, zur Ruhe zu kommen.
"Viele von uns sind nicht in Praktiken geübt, die uns dabei helfen können, auf die Entspannungsreaktion des parasympathischen Nervensystems zuzugreifen", so Schwartz, die ebenfalls anmerkt, dass du für sportliche Bestleistungen ausreichend Ruhe und Regeneration benötigst. "Es ist schwieriger, in den Flow zu kommen oder in deiner Komfortzone zu bleiben, wenn du nicht ausgeruht bist."
So aktivierst du den Vagusnerv, um mehr Energie zu erlangen und weniger gestresst zu sein – vielleicht würdest du diesen Zustand sogar als "reguliert" bezeichnen.
1.Freunde dich mit kaltem Wasser an
Auch wenn die Leistungsvorteile durch eine kalte Dusche unter Gesundheitsexpert:innen und Wissenschaftler:innen noch immer umstritten sind, nennen sowohl Schwartz als auch Dr. Imanuel Lerman, ein Neurologe an der UC San Diego Health, kaltes Wasser ganz oben auf ihrer Liste zur Regulation des Nervensystems.
"Kaltes Wasser stimuliert die Kreisläufe in deinem Gehirn, die negative Emotionen regulieren, wodurch sich dein Körper besser an extreme Stresssituationen anpassen kann", so Lerman.
Der Gedanke hinter diesem Ansatz ist, dass kaltes Wasser eine "Stress-und-Erholungs"-Reaktion im Nervensystem hervorruft. Dadurch kannst du dich vielleicht teilweise besser von anderen Stressfaktoren in deinem Leben erholen, sodass du nicht in einem erschöpften Zustand verharrst.
Schwartz erklärt, dass du nicht kopfüber in einen Eispool springen musst, um die Vorteile von kaltem Wasser zu genießen.
"Leg einen kalten Waschlappen auf deinen Nacken oder spritz dir etwas kaltes Wasser ins Gesicht", empfiehlt Schwartz. Und es gibt Studien, die dies belegen. Beispielsweise haben die Forscher:innen einer klein angelegten Studie – die im Jahr 2018 in einer Ausgabe von JMIR Formative Research veröffentlicht wurde – herausgefunden, dass bereits eine 16-sekündige Kältestimulation seitlich am Nacken (die Forscher:innen haben dafür ein elektronisches Gerät verwendet) die Herzfrequenz senken und zum Stressmanagement beitragen kann.
(Verwandter Artikel: Sollte ich nach dem Sport mal ein Eisbad probieren?)
2.Übe tief zu atmen
"Die Regulation deiner Atmung ist ein ganz direkter Weg, um mit deinem Nervensystem zu interagieren", so Schwartz.
Bei einem sympathischen Atemmuster betonst du deine Einatmung stärker als die Ausatmung. Dies kann beim Sport hilfreich sein, wenn du schnell Sauerstoff aufnehmen musst. Aber wenn du nicht im Wettkampf stehst, solltest du betont lang und langsam ausatmen, erklärt sie.
Eine lange Ausatmung signalisiert dem Gehirn, dass du sicher bist, da du ansonsten aufgrund der Flucht-oder-Kampf-Reaktion nicht so atmen könntest. Dies ist eine Erklärung dafür, dass langsames Atmen (fünf bis sieben Atemzüge pro Minute, im Vergleich zu 12 bis 14) den Blutdruck in einer Medical Hypotheses-Studie senken konnte.
Teste Folgendes: Zähl während des Einatmens bis fünf und dann beim Ausatmen ebenfalls bis fünf. Atme am Morgen, Nachmittag und Abend fünf Minuten lang auf diese Weise. Du kannst dir diese Übung auch für bestimmte Momente aufheben, wie z. B. nach einer wichtigen Arbeitsbesprechung oder dem Workout.
3.Verbessere deine Schlafroutine
Schlafmangel bringt Chaos in das Nervensystem.
Im Schlaf eliminiert unser Gehirn Toxine, die Entzündungen fördern, weshalb Schlafentzug zu Entzündungen im Gehirn führt, so Lerman. Dies kann zu Fatigue und Schwierigkeiten bei der Regulation von Gefühlen führen.
Für einen besseren Nachtschlaf empfiehlt Lerman, jeden Tag zur gleichen Zeit schlafen zu gehen und aufzustehen und im Bett lediglich zu schlafen sowie zu lesen. Kurz gesagt: Wenn möglich, solltest du im Bett nicht arbeiten, keine Bildschirme verwenden und nicht essen.
(Verwandter Artikel: Warum ist Schlaf so wichtig für die Regeneration nach dem Sport?)
4.Mach Cardio-Training
Dein Vagusnerv reguliert deine Herzfrequenz in Reaktion auf Sport und andere Stressfaktoren. Und dieser Prozess der Beschleunigung deiner Herzfrequenz während des Sports und der anschließenden Rückkehr zum Normalzustand bewirkt vielleicht, dass dein Körper besser darin wird, deine Herzfrequenz in Bezug auf andere Arten von Stress zu verlangsamen. "Das Ziel ist es, nach einem stressigen Ereignis schnell zur Homöostase zurückzukehren", sagt Lerman. "Ansonsten kann Stress chronisch werden."
Diese Art der Konditionierung ist eine mögliche Erklärung dafür, dass Menschen, die Sport treiben, anscheinend besser mit Stress und Rückschlägen umgehen können. Laut einer Studie mit 1,2 Millionen Amerikaner:innen, die 2019 in einer Ausgabe von The Lancet veröffentlicht wurde, gaben sportliche Menschen an, 1,5 Tage seltener im Monat eine schlechte mentale Gesundheit zu haben als Menschen, die keinen Sport treiben.
An dieser Stelle kommt das Cardio-Training ins Spiel. Die American Heart Association empfiehlt, pro Woche 150 Minuten lang einer aeroben Tätigkeit mit moderater Intensität oder 75 Minuten lang einer sehr intensiven Aktivität (oder einer Kombination aus beiden) nachzugehen, um das Herz gesund zu halten.
5.Schieb den Sport nicht weiter auf, Just Do It
Du solltest es wirklich machen. Laut Schwartz ist das Gehirn so angelegt, dass es Dinge vermeidet, die ihm Schaden zufügen können, um uns zu schützen. Vermeidung führt aber normalerweise zu weiterem Aufschub, da es die Sache verstärkt, die wir vermeiden. Egal, ob es um eine Stretching-Routine oder eine lästige Sache auf deiner Aufgabenliste geht, diese Sache wiederholt zu vermeiden, kann dem Gehirn signalisieren, dass es sich um etwas Schlechtes handelt.
Dies ist einer der Gründe dafür, dass eine Konfrontationstherapie so häufig empfohlen wird, um bestimmte Phobien zu überwinden: Sie überzeugt dich davon, dass die Sache, die du vermeidest, gar nicht schlimm ist. Darüber hinaus werden vielleicht mehr Stresshormone ausgeschüttet, wenn du dir Sorgen in Bezug auf die Sache machst, die du vermeidest. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie in einer Ausgabe der Zeitschrift Journal of Adolescent Health aus dem Jahr 2017.
"Aber wenn du das Bedürfnis, etwas zu vermeiden, an der Wurzel packst und es trotzdem machst, kannst du auf Ebene des Nervensystems eine Veränderung bewirken, indem du dem Gehirn sagst, dass die Aktivität sicher und positiv ist", so Schwartz weiter.
Text von Kiera Carter