Was du über Training bei ketogener Ernährung wissen solltest

Coaching

Hier erfährst du, was die Wissenschaft über die beliebte High-Fat-Low-Carb-Ernährung und Performance zu sagen hat.

Letzte Aktualisierung: 1. Dezember 2020
Was du über Training bei ketogener Ernährung wissen solltest

Wenn du dir auf die Schnelle zwei Lebensmittel überlegen müsstest, die dich fit für dein nächstes Workout machen, welche wären das? Wir vermuten, dass du weder an Rindfleisch noch an Käse gedacht hast. Dabei handelt es sich jedoch um zwei wichtige Nahrungsmittel der sogenannten ketogenen Ernährung bzw. "Keto", die dafür bekannt ist, schnell zu einem schlanken Körper zu führen. "Die Ernährungsweise kann Menschen dabei helfen, Körperfett zu reduzieren und gleichzeitig Muskelmasse zu erhalten", so Dr. Catherine Saenz, Ernährungsberaterin und zertifizierte Spezialistin für Kraft und Ausdauer sowie Assistenzprofessorin für Kinesiologie an der Jacksonville University in Florida. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch was stimmt wirklich?

"Die Ernährungsweise kann Menschen dabei helfen, Körperfett zu reduzieren und gleichzeitig Muskelmasse zu erhalten"

Dr. Catherine Saenz, Ernährungsberaterin und zertifizierte Spezialistin für Kraft und Ausdauer sowie Assistenzprofessorin für Kinesiologie an der Jacksonville University in Florida

"Das Ziel der ketogenen Ernährung ist es, den Körper dazu zu bringen, seine natürlichen Fettspeicher als primäre Energiequelle zu nutzen. Dieser Zustand wird auch als Ketose bezeichnet", so Saenz. Um in die Ketose zu kommen, müssen die Anhänger der ketogenen Ernährung auf ein bestimmtes Verhältnis der Makronährstoffe zueinander achten und dieses streng befolgen. Die National Institutes of Health geben an, dass bei der ketogenen Ernährung 55 bis 60 Prozent der täglichen Kalorien aus Fett, 30 bis 35 Prozent aus Eiweiß und 5 bis 10 Prozent aus Kohlenhydraten stammen sollten, wobei viele Keto-Fans dazu tendieren, denn Fettanteil noch weiter zu erhöhen.

Wenn du in erster Linie Fett isst und dann dein eigenes Fett zur Energiegewinnung verbrennst, bist du in der Regel schneller satt und kannst deinen Hunger besser bewältigen, so Saenz. Das kann kurzfristig einige verlockende Vorteile mit sich bringen: Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen, die sich ketogen ernähren, Verbesserungen in Bezug auf Gewicht, Insulinresistenz, Blutzucker und Blutdruck feststellen, obwohl die Ernährungsform eigentlich als medizinische Therapie zur Behandlung von Epilepsie entwickelt wurde. Doch nach ungefähr einem Jahr ist die Wirkung vergleichbar mit anderen Ernährungsformen, die der Gewichtsabnahme dienen.

Liefert Fett genügend Energie für ein Workout?

Wenn es um das Thema Training bei ketogener Ernährung geht, gehen die Meinungen weit auseinander. Eine kleine Studie aus dem Jahr 2020 ergab, dass Frauen, die sich acht Wochen lang ketogen ernährten, mehr Kraft für Back Squats, jedoch nicht für Bench Presses aufbringen konnten, während Frauen, die mehr Kohlenhydrate zu sich nahmen, Verbesserungen in beiden Disziplinen zeigten. Aus einer weiteren kleinen Studie, die in "Metabolism: Clinical and Experimental" veröffentlicht wurde, geht hervor, dass Ausdauersportler, die sich über einen Zeitraum von zwölf Wochen ketogen ernährten und folglich Fett verloren, mehr Kraft und Ausdauer bei Sprints zeigten, als diejenigen, bei denen die Aufnahme von Kohlenhydraten gesteigert wurde. Die logische Schlussfolgerung: Wenn du dein Körperfett reduzierst, sodass Muskeln einen höheren Prozentsatz deines Gewichts ausmachen, kannst du leistungsfähiger, stärker und schneller werden.

In einer anderen Studie, die in "The Journal of Physiology" veröffentlicht wurde, konnten Elite-Ausdauersportler, die sich ketogen ernährten, ihren VO2max-Wert verbessern, der angibt, wie viel Sauerstoff vom Körper bei Belastung aufgenommen werden kann. Andererseits waren die Probanden auch auf eine erhöhte Sauerstoffzufuhr angewiesen, um die gewohnte Leistung erbringen zu können, was den positiven Nutzen praktisch wieder zunichte machte, so Dr. Louise Burke, Studienautorin und Leiterin für Ernährungsstrategie am Australian Institute of Sport. Das liegt daran, dass mehr Sauerstoff benötigt wird, um Fett in Energie umzuwandeln. Für die Umwandlung von Kohlenhydraten wird hingegen weniger Sauerstoff benötigt, erklärt Burke. Und aus einer weiteren Studie im "Journal of the American College of Sports Medicine" geht hervor, dass Läufer bei ketogener Ernährung fünf Prozent langsamer liefen, wenn sie versuchten, die Intensität zu steigern. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Fett im Vergleich zu Kohlenhydraten Muskelkontraktionen weniger effektiv unterstützt.

Das bedeutet allerdings nicht, dass du als Cardio-Fan nicht trotzdem auf Keto umsteigen kannst. Burke weist dabei auf Folgendes hin: Die meisten Forschungsergebnisse zeigen, dass Keto bei wenig oder mäßig intensivem Training die Leistung nicht negativ beeinflussen sollte, wenngleich auch keine positiven Auswirkungen zu erwarten sein sollten. Nur bei hartem und intensivem Training könnte die Performance darunter leiden. Aus diesem Grund schlägt Burke Athleten, die von beiden Ernährungsformen profitieren möchten, vor, einige Male pro Woche vor intensiveren Trainingseinheiten mit einer etwas höheren Kohlenhydrataufnahme zu experimentieren und beispielsweise Beeren zu Eiern und Avocado zu essen. Sie empfiehlt dies jedoch nur, wenn die Athleten sicher beurteilen können, dass sie in der Ketose bleiben (das ist von Person zu Person unterschiedlich und kann mit Ketose-Teststreifen nachgewiesen werden).

Was du bei einer ketogenen Ernährung beachten solltest

Wenn du Keto ausprobieren willst, solltest du dir im Vorfeld bewusst machen, was auf dich zukommt, denn ein Zuckerschlecken ist das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes definitiv nicht. Wie bei den meisten restriktiven Ernährungsformen ist es auch bei Keto extrem schwer, sie langfristig beizubehalten. Wenn du also keine großen Veränderungen in Bezug auf deine Ernährung machen willst, dann ist Keto wahrscheinlich eher nichts für dich. Auch für deinen Körper ist die Umstellung eine große Sache: Er muss sich nämlich erst einmal an den Mangel an Kohlenhydraten – seine bisherige Energiequelle – gewöhnen. Das bedeutet, dass du dich in dieser Umstellungsphase deutlich schlapper als sonst fühlen wirst. Und mit "deutlich schlapper" meinen wir so schlapp, dass sich dein Training härter anfühlen wird und sich deine Regenerationszeit deutlich verlängern wird, so Saenz. Doch das ist noch lange nicht alles: Auch deine Herzfrequenz könnte sich erhöhen, dir könnte schwindelig werden oder du könntest Probleme mit dem Schlafen bekommen. Auch Magenkrämpfe und ein aufgeblähtes Gefühl sind keine Seltenheit.

Jeder Mensch reagiert anders auf eine Ernährungsumstellung. Manche fühlen sich relativ schnell erstaunlich gut, während andere wochenlang müde und schlapp sind, so Burke. Oftmals sind diese unerwünschten Symptome Anzeichen dafür, dass du die ein oder andere kleine Veränderung an deiner Ernährung vornehmen musst, besonders dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum andauern, erklärt Saenz. Wenn die Umstellungsphase erst einmal vorbei ist (normalerweise nach ein paar Wochen), fühlen sich die meisten Menschen leistungsfähiger während ihres Workouts. Außerdem erholen sie sich schneller, können besser schlafen und sind allgemein konzentrierter, bekräftigt sie.

Jetzt fragst du dich bestimmt, ob du all die Schattenseiten und Einschränkungen in Kauf nehmen solltest, um von den möglichen Vorteilen zu profitieren. Nun, das ist deine Entscheidung. Wenn die Ernährungsweise für dich richtig klingt und du von deinem Arzt grünes Licht bekommen hast (wird von Experten dringend empfohlen, da einige Untersuchungen darauf hinweisen, dass eine ketogene Ernährung den Cholesterinspiegel durcheinanderbringen könnte), dann spricht eigentlich nichts dagegen, Kohlenhydrate für eine Weile durch Fett zu ersetzen. Beachte aber auch Folgendes: Ganz gleich, ob du dich ketogen ernährst oder nicht, du kannst nur dann dein Bestes geben, wenn du nährstoffreiche Vollwertnahrung zu dir nimmst. Das ist wissenschaftlich belegt.

Ursprünglich erschienen: 7. August 2020

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