Mariam erobert die Welt des Sporttauchens

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Die kuwaitische Taucherin und Unternehmerin baute eine integrative Community auf, die Frauen hilft, den Sprung ins (kalte) Wasser zu wagen.

Letzte Aktualisierung: 15. Juni 2021
Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen

"Mein eigenes Spielfeld" ist eine Serie, in der Athletinnen und Athleten erzählen, wie sie sich mit der Natur um sich herum verbinden und ihre Balance finden.

Kurz nach Sonnenaufgang in Kuwait City, der Hauptstadt des kleinen Emirats Kuwait am Persischen Golf, beginnt die Berufstaucherin Mariam Al Saif ihren Tag mit einer Meditation. Sie bringt ihren Körper und Geist an Land in Einklang, bevor sie den Rest des Tages unter Wasser verbringt. "Beim Tauchen geht es darum, sich langsam zu bewegen, sich Zeit zu lassen und kontrolliert zu atmen. Darauf möchte ich mich einstellen, noch bevor ich ins Wasser gehe bzw. noch bevor ich meinen Tag beginne", erklärt die 27-Jährige.

Spätestens um 9 Uhr morgens ist Mariam, die Gründerin des Tauchunternehmens MER, am Hafen anzutreffen, wo sie mit 20 bis 30 angehenden Taucher:innen die Sicherheitsvorkehrungen des Bootes und den Zeitplan des Tauchgangs bespricht. Wegen der Einschränkungen durch die Pandemie begleitet sie aktuell hauptsächlich Tauchgänge von einheimischen, ausgebildeten Tauchern und Hobbytauchern. Es ist jedoch die Arbeit mit Anfängern, die ihr am meisten Spaß macht und sie am meisten erfüllt. "Wenn mir Leute eine Nachricht schicken oder mit mir raus aufs Meer fahren und sagen, dass sie eigentlich immer Angst vor dem Wasser hatten, aber jetzt den Tauchschein machen wollen, motiviert mich das enorm", so Mariam.

Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen

Es ist erst zwei Jahre her, dass Mariam aus einer Laune heraus beschloss, während eines Urlaubs in Australien, selbst den Tauchschein zu machen. "Das war damals echt anstrengend", erinnert sie sich. Es war ein viertägiger Kurs, der nicht nur Theorieunterricht beinhaltete, sondern auch Übungseinheiten in einem Swimmingpool, die absolviert werden mussten, bevor es dann raus aufs Meer ging. "Als ich den Schein dann hatte, fühlte ich mich richtig gut."

Mariams Liebe zum Wasser liegt in ihren Genen. Sie führt ihre kuwaitischen Wurzeln auf eine lange Reihe von Tauchern zurück, die wertvolle Perlen sammelten und an Händler verkauften. "[Sie] konnten fünf Minuten am Stück die Luft anhalten, und das ohne Tauchermaske und Schnorchel", sagt sie. "Auch wenn ich mit meiner Ausrüstung zehnmal so lange unter Wasser bleiben kann, fühle ich mich trotzdem mit ihnen verbunden. Sie bekamen die gleiche Unterwasserwelt zu sehen, die auch ich jetzt zu sehen bekomme."

Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen

Mariam ging viel auf Reisen, um an Tauchexkursionen teilzunehmen. Dabei entdeckte sie ihre Liebe zum Sporttauchen. Doch leider hatte sie niemanden, mit dem sie ihre Leidenschaft teilen konnte. Das entfachte eine neue Motivation in ihr und inspirierte sie zum Umdenken. "Ich fand meine Bestimmung im Sporttauchen, als ich erkannte, dass ich eine Community für Taucherinnen etablieren kann", so Mariam, die schließlich ihren Bürojob im Marketing für Luxuskosmetik aufgab und nie wieder zurückblickte. Trotz der Herausforderung, sich in einem überwiegend von Männern dominierten Sport zurechtzufinden, ist sie als Inhaberin ihres eigenen Unternehmens eine Wegbereiterin für Taucherinnen und Unternehmerinnen in der Region.

"Ich verdiene mein Geld mit der Arbeit im Meer, genau wie meine Vorfahren. Das Wasser hat eine enorme Anziehungskraft auf mich."

"Im Nahen Osten gibt es nicht viele Frauen, die tauchen", so Mariam. "Daher freue ich mich ganz besonders, ihnen 15 Meter unter dem Meeresspiegel eine Art sicheren Hafen bieten zu können." Weltweit machten Frauen im Jahr 2018 nur 38 Prozent aller ausgebildeten Taucher:innen aus. Und obwohl das laut der Professional Association of Diving Instructors (PADI) immerhin ein Anstieg von 3,6 Prozent gegenüber 2013 war, sind Frauen in dem Sport noch immer unterrepräsentiert. Das ist zu einem großen Teil auch der Tatsache geschuldet, dass für Taucherinnen meist keine passende Ausrüstung zur Verfügung steht, und dass es kaum Communitys gibt, die ihnen Rückhalt geben.

Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen
Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen
Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen
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"Es ist zweifelsohne ein von Männern dominierter Sport", sagt Mariam. Sie fügt hinzu, dass es ihr bei ihrer Arbeit darum geht, diese Ungleichheit zu bekämpfen und zu verdeutlichen, dass Frauen genauso wie Männer das Recht haben zu tauchen. Sie hofft, dass sie mit ihrem Unternehmen Mer und als Botschafterin von "Girls That Scuba" in dieser Hinsicht etwas bewirken kann. "Girls That Scuba" ist eine Community nur für Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, mehr Frauen an das Tauchen heranzuführen und gleichzeitig diejenigen zu unterstützen, die den Sport bereits betreiben. Sie nutzt ihre Plattform, um das Bewusstsein für geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Tauchsport zu schärfen und mehr Frauen aus dem Nahen Osten zum Tauchen zu ermutigen. "Wenn du lernst zu tauchen musst du mental entspannt sein", so Mariam. "[Und] eine Frau [als Taucherin] zu haben, die einem zuhört, spricht Bände."

"Ich fand meine Bestimmung im Sporttauchen, als ich erkannte, dass ich eine Community für Taucherinnen etablieren kann."

Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen

Was die heutige Exkursion betrifft, hat das Boot gerade den Tauchplatz, der sich ein paar Kilometer von der Küste entfernt befindet, erreicht und den Anker geworfen. Die Gäste sitzen am Bootsrand und bereiten sich auf ihren Tauchgang vor. Während sie ihre Neoprenanzüge anziehen und ihre Tauchermasken aufsetzen, die Augen, Nase und Oberlippe bedecken, macht sich ein Gefühl der Nervosität, gemischt mit Vorfreude, breit. Die Maske ist mit einem Atemregler-Mundstück verbunden, das die Taucher:innen zwischen die Zähne klemmen. Das zwingt sie, durch den Mund zu atmen. Anschließend wird der Atemregler an die Sauerstoffflasche angeschlossen. Bei vielen Taucher:innen verursacht besonders das Atmen Angst. Um das zu verhindern, erklärt Mariam ausführlich die Atemtechniken und beantwortet alle aufkommenden Fragen.

"Sobald man im Wasser ist, fühlt man sich schwerelos. Das ist wirklich meditativ", erklärt Mariam. "Nichts unterscheidet uns mehr von den Fischen." Während sie die Tiefen des Persischen Golfs erforschen, finden sie Korallenriffe, die voll von bunten Fischen und Pflanzen sind. "Wenn man das sieht, erkennt man die Fragilität der Meere und Ozeane und lernt, sie wieder mehr wertzuschätzen", so Mariam. Wir sollten nicht zulassen, dass der Klimawandel zukünftige Generationen davon abhält, die Freude am Tauchen zu spüren."

Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen
Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen
Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen

"Ich freue mich ganz besonders, Frauen 15 Meter unter dem Meeresspiegel eine Art sicheren Hafen bieten zu können."

Für Mariam ist es ermutigend zu wissen, dass die Menschen ihr vertrauen und dass sie dazu beiträgt, den Sport groß zu machen. "Tauchen kann wirklich die verletzliche Seite eines Menschen zum Vorschein bringen. Der Gedanke, dass Frauen allein deswegen an meinen Exkursionen teilnehmen wollen, weil ich sie leite und sie mir vertrauen, ist rührend", sagt sie. "Ich verdiene mein Geld mit der Arbeit im Meer, genau wie meine Vorfahren. Das Wasser hat eine enorme Anziehungskraft auf mich."

Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen
Mein eigenes Spielfeld: Willkommen in der Welt des Sporttauchens für Frauen

Text: Jiya Pinder
Fotos: Maha Alasaker und Maryam AL-Masha'an

Gemeldet: September 2020

Ursprünglich erschienen: 7. Juni 2021

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