Frag den Coach: "Wie höre ich auf, mich mit meiner sportlich erfolgreicheren Freundin zu vergleichen?"

Coaching

Eine sportbegeisterte Frau vergleicht ihre Ergebnisse ständig mit denen ihrer Freundin, aber Joni Taylor aus Georgia gibt zu bedenken, dass der Teufel im Detail steckt.

Letzte Aktualisierung: 13. April 2021
Aufhören, sich im Fitnessstudio mit anderen zu vergleichen

"Frag den Coach" liefert dir Tipps und Ratschläge, die dich dabei unterstützen, dein Spiel aufs nächste Level zu bringen.

F:

Hallo Coach,

Ich habe immer viel Sport gemacht. Im Moment nehme ich online an einem anspruchsvollen HIIT-Kurs teil, ich laufe mehrmals in der Woche und mache praktisch jeden Morgen Yoga. Außerdem ernähre ich mich seit einiger Zeit vermehrt vegan. Ich fühle mich wirklich gut mit meinem Programm. Vor einiger Zeit jedoch hat eine Freundin mit Gewichtheben begonnen und ihre Ernährung teilweise umgestellt, und nun ist sie ein Muskelpaket. Eigentlich sollte ich mich doch für sie freuen, oder nicht? Stattdessen scheine ich völlig durchzudrehen. Meine Freundin war in Sachen Sport immer ein bisschen faul, wenn man ehrlich ist, und irgendwie finde ich es unfair, dass ich schon so lange trainiere und nie solche Resultate erzielt habe. Das verfolgt mich regelrecht: Bei meinem Workout denke ich daran, wie SIE wohl trainiert, und wenn ich einkaufen gehe, überlege ich, was SIE wohl essen wird. Ich verurteile mich dafür, dass ich mich nicht für sie freuen kann. Wie komme ich aus dieser Gedankenschleife wieder heraus?

Judgey and Envious Lately
24-jährige Freizeitsportlerin

A:

Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen. Es ist nicht leicht, solche Gefühle zuzugeben. Und glaub mir, JEL, ich kenne das.

Wie oft ist es mir passiert, dass jemand neben mir auf dem Laufband seine Pace gesteigert hat, und plötzlich drücke auch ich auf die Tube, selbst wenn ich mein Tempo erst vor wenigen Sekunden erhöht habe.

Dann muss ich einen Moment innehalten, um mich zu fragen: "Was machst du da eigentlich? Du trainierst den vierten Tag in Folge, also lass die anderen doch losrennen. Du brauchst das nicht!" Ich muss mich regelrecht dazu zwingen, mich darauf zu konzentrieren, was für mich und meinen Körper richtig ist. Was bei anderen los ist, sollte mir eigentlich egal sein.

Ich stand auch schon "auf der anderen Seite". Menschen meinten zu mir: "Ich bin neidisch auf deine Arme!" Sie wussten, dass ich für meine definierten Muskeln keine Gewichte heben muss. Das ist bei mir einfach angeboren. Mir ist das nicht wichtig, andere werden aber trotzdem neidisch.

Deine Gefühle sind ganz normal. Mach sie dir nur im richtigen Moment bewusst, atme tief durch und führ dir ein paar Dinge vor Augen:

Wir tendieren dazu, mit uns selbst strenger zu sein als nötig.

Zunächst einmal: Wenn du meinst, dass deiner Freundin die Dinge leichter fallen, dann denk daran, dass das nur eine Theorie ist. Du weißt nicht wirklich, wie hart sie trainiert oder was sie isst. Vielleicht steht sie für ihr Workout morgens zwei Stunden früher auf. Oder vielleicht verzichtet sie schon seit sechs Monaten auf Alkohol.

Es stimmt, dass jeder Körper anders auf bestimmte Aktivitäten reagiert. Ich habe eine Freundin, die kaum Sport macht, aber wenn sie will, kann sie quasi im Handumdrehen abnehmen. Vielleicht ist deine Freundin gar nicht so diszipliniert wie du, hat aber einfach einen Stoffwechsel, der ihren Muskelaufbau beschleunigt.

Aufhören, sich im Fitnessstudio mit anderen zu vergleichen

Vielleicht profitiert sie auch einfach davon, dass man bei einer neuen Workout-Routine anfangs einfach bessere Ergebnisse erzielt. Wenn du etwas Neues anfängst, muss dein Körper richtig hart arbeiten, um sich umzustellen. Er verbrennt dabei mehr Kalorien und nutzt mehr Muskeln als vorher, bis er sich an die neue Bewegungsform angepasst hat.

Das habe ich kürzlich wieder selbst erleben dürfen. Nach der Geburt meines Kindes wollte ich mein Idealgewicht wieder erreichen. Wegen des Lockdowns konnte ich aber nicht ins Gym gehen. Also kramte ich eine alte HIIT-DVD (und meinen alten DVD-Player) raus, die ich vor 15 Jahren das letzte Mal genutzt hatte. Einfach, weil ich anders trainierte, verlor ich mein Gewicht schneller, als wenn ich so weitergemacht hätte wie vor der Geburt.

Probier doch auch einfach mal etwas Neues aus und lass dich überraschen, was passiert. Tu das aber nur, wenn du wirklich unzufrieden mit deiner Workout-Routine bist. Für mich hört es sich so an, als ob du ohnehin schon viel Zeit investierst und dir viele Gedanken darüber machst, was für dich richtig ist. Außerdem wirkst du auf mich sehr diszipliniert und scheinst Ahnung zu haben. Wir tendieren dazu, mit uns selbst strenger zu sein als nötig. Gib das alles nur auf, wenn du es wirklich willst. Nur, weil du nicht aussiehst wie deine Freundin, heißt das ja nicht, dass du gescheitert bist.

Wenn du aber mit deinem Workout wirklich nicht zufrieden bist – du Probleme hast, dich zu motivieren und dich quälst, um fünf Mal in der Woche zu trainieren – dann solltest du dringend etwas ändern. Einige deiner unerwünschten Gefühle können in diesem Fall auch daher kommen, dass du nicht wirklich Spaß an dem hast, was du tust.

So oder so: Nimm dir eine Minute Zeit, um über deine Motivation nachzudenken. Warum trainierst du und was bedeutet gesunde Ernährung tatsächlich für dich? Machst du das, um ein bestimmtes Aussehen zu erzielen? Für mich persönlich reicht das nicht aus, um am Ball zu bleiben. Mein Training hat für mich ganz viel mit Selbstfürsorge zu tun. Ich baue Stress ab, bin ausgeglichener und weiß, dass ich so gute Chancen habe, gesund alt zu werden. Deshalb trainiere ich jeden Tag aufs Neue.

Wenn du Probleme hast, dich zu motivieren und dich quälst, um fünf Mal in der Woche zu trainieren, dann solltest du dringend etwas ändern.

Wenn du herausgefunden hast, warum du eigentlich trainierst, dann wird es dir leichter fallen, deine Leistung zu würdigen und anzuerkennen, wie hart du trainierst und wie stark du geworden bist. Und daraus entsteht dann das Selbstbewusstsein, zu sagen: "OK, ich mache hier mein Ding, andere machen ihr Ding, es gibt für jeden das Richtige." Und dann bist du vielleicht auch in der Lage, dich für deine Freundin zu freuen. Und dieses Gefühl ist mehr als zufriedenstellend.

Coach Taylor

Joni Taylor ist Cheftrainerin der Basketballmannschaft der Frauen an der University of Georgia. 2016 wurde sie zum Spalding Maggie Dixon NCAA Division I National Rookie Coach of the Year ernannt. Sie blickt auf eine beeindruckende Karriere als Coach zurück: Abstecher zur LSU, Alabama, Louisiana Tech und zur Troy University. Mit 716 Punkten, 555 Rebounds und 103 Blocks war sie eine der herausragenden Spielerinnen an der University of Alabama. Sie war die vierterfolgreichste Spielerin der Schule und führte die Tides zu zwei NCAA-Turnieren und zwei WNITs. Taylor hat außerdem zahlreiche Auszeichnungen für ihr soziales Engagement erhalten.

Schick uns deine Frage zu Mindset, Sport oder Fitness per E-Mail an askthecoach@nike.com.

Illustration: Harrison Freeman

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Ursprünglich erschienen: 27. April 2021

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