Hainans "Women of the Waves"

Darci: Wir sprechen viel über das Leben. Ich zwinge niemanden auf das Board. Ich möchte zunächst einmal wissen, warum die Frauen hierher kommen, warum sie Surfen lernen möchten und was sie sich davon erhoffen. Surfen hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ich habe durch das Surfen so viel gelernt, und das möchte ich mit anderen teilen.

Darci: Das Surfen hat mir erlaubt, in meinem Leben Ballast loszuwerden. Und ich habe gelernt, mich und andere zu schätzen.

Xiaomi: Beim Surfen ist kein Tag wie der andere. Du musst ständig deine Angst überwinden. Am Anfang konnte ich noch nicht einmal schwimmen und hatte furchtbare Angst vor dem Wasser. Es nahm mir regelrecht den Atem. Ich habe noch nicht einmal die Augen geöffnet. Durch das Surfen bin ich mutiger geworden.

Jingya: Surfen gibt mir Selbstbewusstsein. Wenn ich die richtige Welle erwische, fühle ich mich wie eine Königin. Und durch diesen Sport bekam ich die Chance, mein Leben zu ändern. Ich bin 25 und habe bereits ein erfolgreiches Unternehmen, ein Auto und ein Haus. Aber als ich Darci getroffen habe, habe ich gemerkt, dass das Leben noch viel mehr zu bieten hat: Unabhängigkeit, Freiheit und unzählige Möglichkeiten.

Darci: Ach, wie lieb von dir! Aber du führst dieses Leben doch bereits!

Darci: Alle hier haben eine ähnliche Sicht auf das Leben. Wir alle sind Kinder des Meeres. Wir sind wie Schwestern, denn wir stammen von derselben Mutter!

Xiaomi: Das stimmt! Die Menschen, die sich entschieden haben, hier zu leben, haben alle denselben Spirit. Wir haben dem Stress der Städte abgeschworen.

Jingya: Als ich hier angekommen bin, dachte ich, ich müsste Surfen lernen, um in die Gruppe aufgenommen zu werden.

Darci: Du denkst zu viel! Selbst wenn du nicht surfen könntest, würdest du dazugehören!

Wan: Der Ort hier ist klein, deshalb kannte ich schnell alle anderen Frauen. Wenn wir nicht surfen, liegen wir in der Sonne und hören Musik. Und abends grillen und trinken wir zusammen. Alle, die an den Feiertagen nicht nach Hause fahren, treffen sich, um gemeinsam zu feiern, damit sich niemand alleine fühlt.

Darci: Ja, wir sind eine Familie. Am chinesischen Neujahr kocht jede ihr Lieblingsessen, das sie von zu Hause kennt, und wir haben ein riesiges Festmahl zusammen.

You: Wir alle lieben das Surfen, deshalb haben wir auch immer ein Gesprächsthema. Und abends, wenn wir aus dem Wasser kommen, trinken wir noch einen zusammen.

Liu: Und wenn mal eine zu viel getrunken hat, bringen die anderen sie nach Hause!

Darci: Wenn man in einer großen Stadt lebt, steht man unter immensem Druck und hat ständig das Gefühl, das Leben leben zu müssen, das andere von einem erwarten. Hier sind wir frei und können so leben, wie wir wollen. Wir ziehen an, was wir wollen, und treffen uns, mit wem wir wollen.

Xiaomi: Meine Familie dachte, dass mir das Leben hier schwerfallen würde, weil es so ein kleiner Ort ist. Aber am Ende haben sie verstanden, dass ich hier glücklich bin und dass es mir gut geht. Und darauf kommt es schließlich an. In der Stadt kann man viel Geld verdienen, aber man steht auch unter großem Druck. Jetzt beneiden mich einige meiner Freunde um dieses Leben.

Wan: Meine Mutter und ich haben viel gestritten, als ich hierherkam. Aber nach ein paar Jahren hat sie mein Leben akzeptiert.

You: Ich wäre als Teenager bei einem Autounfall fast ums Leben gekommen. Meine Eltern sind deshalb einfach glücklich, dass ich überhaupt Sport machen kann. Für sie ist nur wichtig, dass ich gesund bin.

Darci: Du musst gegen den Strom schwimmen, was auch immer das für dich bedeutet. Tu, was dich inspiriert, anstatt das Spiel mitzuspielen, das die Gesellschaft für dich vorgesehen hat. Es gibt immer mehr Menschen in China, die ihre eigenen Träume verwirklichen möchten, anstatt ein aufgezwungenes Leben zu führen.

You: Wir gewinnen Selbstvertrauen. Leidenschaft macht dich zu einem besseren Menschen.

Jingya: Surferinnen sind frei. Sie wissen, was sie wollen, und kümmern sich nicht um äußere Zwänge, die keinen wirklichen Sinn machen.

Nachdem sie sich umgezogen haben, treffen sich die Frauen in ihrem Lieblings-Fischrestaurant gegenüber vom Fischereihafen von Hoxha. Schließlich gilt es, den Kalorienspeicher wieder aufzufüllen. Drinnen haben sie kein Problem, die bierseligen Männer zu übertönen. Es ist nicht zu übersehen, wie vertraut sie miteinander sind. Sie lachen so viel, dass ihnen die Tränen über das Gesicht laufen, während sie sich den neuesten Klatsch vom Wochenende erzählen. Mutig, unabhängig, kompromisslos: Ihnen ist es egal, wie eine Frau laut chinesischer Tradition zu sein hat. Hier, unter Gleichgesinnten, zeigen die Amazonen des Meeres ihren Kampfgeist. Sie unterstützen sich gegenseitig dabei, ihre selbstgewählte Lebensweise zu verteidigen. Und sie freuen sich, dass immer mehr Chinesinnen dem Stadtleben und den Erwartungen der Gesellschaft den Rücken kehren und sich in den Sturm des Lebens wagen.