Wie du deinen Körper vor Laufverletzungen schützt

Coaching

Laufverletzungen können schnell entstehen. Mit diesen Tipps vermeidest du fünf häufige Fehler.

Letzte Aktualisierung: 8. November 2021
6 Min. Lesezeit
So verhinderst du laut Experten typische Laufverletzungen

Deine Schwester hatte letztes Jahr ein Schienbeinkantensyndrom. Dein marathonbesessener Mitbewohner beklagt sich mal wieder über Schmerzen im Knie. Und du? Du fragst dich, ob die leichten Schmerzen im Knöchel tatsächlich eine angehende Sehnenentzündung sein könnten.

Um mal die Statistik zu bemühen: Ganze 46 Prozent der Läufer:innen, die durchschnittlich 15 Kilometer in der Woche laufen, leiden im Verlauf des Jahres an irgendeiner Form von laufbedingter Verletzung. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Universität Göteborg, an der mehr als 200 Hobbyläufer teilnahmen. 27 Prozent dieser Verletzungen betrafen die Knie, 25 Prozent die Wade und die Achillessehne, 20 Prozent die Knöchel und Füße.

"Läuferinnen und Läufer müssen im Durchschnitt bei jedem Schritt das drei- bis fünffache ihres Körpergewichts abfedern."

David McHenry
Physiotherapeut

"Läuferinnen und Läufer müssen im Durchschnitt bei jedem Schritt das drei- bis fünffache ihres Körpergewichts abfedern", erklärt David McHenry, führender Physiotherapeut und Kraft-Coach für Nike Eliteathlet:innen. "Bei bis zu 90 Bodenberührungen pro Fuß und Minute während eines Laufs ist das eine unglaubliche Belastung für den Körper."

Auch die erfahrensten Läuferinnen und Läufer können selbst mit der besten Lauftechnik die Physik nicht ändern. Allerdings können alle – auch du – die folgenden Fehler vermeiden, um möglichst verletzungsfrei zu bleiben und den Körper auch langfristig zu schonen.

1. Zu schnell und zu viel laufen

Gerade nach einem guten Lauf ist die Gefahr groß, dass du beim nächsten Mal noch mehr von dir erwartest. Bei aller Euphorie darfst du aber eins nicht vergessen: "Deine Muskeln, Knochen und Gelenke sind nur begrenzt belastbar und können Stöße nur bis zu einem gewissen Grad absorbieren", so Yera Patel, Physiotherapeutin am NYU Langone Health Sports Performance Center. Wenn du das Trainingsvolumen (wie oft und wie lange du läufst) oder die Intensität zu schnell erhöhst, dann steigt das Verletzungsrisiko, ergänzt sie.

Experten empfehlen eine allmähliche Trainingssteigerung beim Laufen. Das Verhältnis zwischen kurzfristiger und langfristiger Trainingsbelastung (Acute-to-Chronic Workload Ratio, ACWR), also wie viel du diese Woche im Vergleich zu den letzten vier Wochen gelaufen bist, sollte zwischen 0,8 und 1,3 liegen. Laut einer im British Journal of Sports Medicine veröffentlichten Studie lässt sich so das Verletzungsrisiko zuverlässig senken. Was das konkret heißt? Wenn du zum Beispiel in den letzten 4 Wochen durchschnittlich 10 Kilometer in der Woche gelaufen bist und dich dabei gut gefühlt hast, könntest du in der nächsten Woche bis zu 13 Kilometer laufen.

2. Durch den Schmerz "durchlaufen"

Können wir das Motto "Ohne Schmerzen kein Erfolg" bitte endlich in die Mottenkiste verbannen? Laufen ist sicher kein Sport, bei dem es ums Wohlfühlen geht, und manchmal ist es schwer, den Unterschied zwischen normalen Trainingsschmerzen und einer möglichen Verletzung zu erkennen. Läuferinnen und Läufer tendieren jedoch dazu, Schmerzen zu ignorieren. Was aber kurzfristig funktioniert, kann dich langfristig ernsthaft aus der Bahn werfen, so Patel.

Es gibt ein paar Alarmzeichen, die du ernst nehmen solltest: "Schmerzen, die so stark sind, dass sie deine Bewegungsabläufe beeinträchtigen. Schmerzen, die auch drei oder vier Tage nach dem Laufen nicht besser werden. Und Schmerzen, die beim Laufen allmählich schlimmer werden", erklärt McHenry. In all diesen Fällen solltest du dich an einen Spezialisten oder eine Spezialistin wenden. Sie helfen dir herauszufinden, was los ist, und entwickeln mit dir einen Plan, um Verletzungen vorzubeugen.

So verhinderst du laut Experten typische Laufverletzungen

3. Kein Krafttraining

Läufer benötigten Stabilität und Kraft, um sicher und effizient zu laufen, erklärt Patel. "Unsere Muskeln haben eine stabilisierende Funktion und absorbieren Stöße", fährt sie fort. "Je kräftiger sie sind, desto weniger wirkt sich die Aufprallkraft auf deine Gelenke aus."

Seit den 80ern weiß man nicht nur, dass Krafttraining nicht nur das Verletzungsrisiko senkt (das ist ein Fakt!). Es ist auch klar, dass sich dadurch die Lauf-Performance verbessert. Patel empfiehlt dafür Widerstandstraining, also Gewichtstraining, und plyometrische Übungen (explosive Sprünge). Optimal sind zwei bis drei Krafttrainingseinheiten pro Woche, bei denen neben dem Unterkörper (Squats mit Gewichten, Deadlifts, Steps-ups, Lunges) auch plyometrische Bewegungen (Squat Jumps, Speed Skaters) und kurze Sprints im Fokus stehen. Mit einem solchen Trainingsprogramm verbesserst du deine Laufökonomie, du läufst also mit einer bestimmten Menge an Energie länger und schneller. Zu diesem Ergebnis kommt eine Metastudie im Journal of Strength and Conditioning Research.

4. Die Faszienrolle liegt in der Ecke

Mobilitätstraining, also die Verbesserung des Bewegungsradius deiner Gelenke, ist etwas, das man gerne vergisst, denn vielen macht es keinen Spaß. Du hast nicht unbedingt das Gefühl, wirklich hart zu trainieren und viel zu erreichen, gibt McHenry zu. Aber es ist wichtig, um dauerhaft fit zu bleiben.

"Wenn der Bewegungsradius nicht für eine flüssige Laufbewegung ausreicht, steigt das Verletzungsrisiko, denn dein Körper arbeitet ständig gegen innere Widerstände", erklärt McHenry weiter. Deshalb beginnt er das Kraft- und Konditionstraining für Läufer:innen immer mit 15 bis 20 Minuten Mobilitätstraining. Dazu gehört der Einsatz der Faszienrolle sowie dynamische Bewegungen wie Walkouts, Figure-Four-Stretches und Quad Rockers (sieh dir diese Übungen gegebenenfalls auf Google oder YouTube an). Noch besser: Mobilitätstraining an den Regenerationstagen.

5. Kein Warm-up

Vergiss nicht: Dein Körper ist völlig steif, nachdem du den ganzen Tag am Computer gesessen hast. Lockere, große Schritte sind da Fehlanzeige. Wenn du jetzt einfach losläufst, riskierst du, dass sich die Muskeln überdehnen und nicht korrekt aktiviert werden, warnt Patel. Das ist ganz einfach zu beschreiben: Wenn deine primäre Bewegungsmuskulatur (dein Po) nicht aktiviert wird, muss die Sekundärmuskulatur (Waden und hintere Oberschenkel) die Arbeit übernehmen, und das sorgt für eine übermäßige Belastung deiner Knie- und Fußgelenke.

Das Warm-up muss nicht besonders lange dauern. Eine dynamische Aktivierung, also bewegungsorientiertes Stretching anstelle von statischen Halteübungen, bereitet deinen Körper optimal auf das Laufen vor und spricht genau die richtigen Muskeln an, erklärt Patel. Fünf Minuten Warm-up bestehend aus dynamischen Dehnungen für die Beine à 10 Wiederholungen (zum Beispiel Ausfallschritte und seitliche Leg Swings) können helfen, länger zu laufen. Das ist das Ergebnis einer im Journal of Strength and Conditioning Research veröffentlichten Studie. An Tagen, an denen du wirklich überhaupt keine Zeit für ein Warm-up hast, solltest du die ersten fünf Minuten ganz locker und entspannt angehen. Am besten gehst du zunächst nur oder läufst ganz langsam los.


Jetzt kennst du das Geheimnis für dauerhaft gesundes Laufen: Es geht nicht nur darum, ein bestimmtes Tempo oder eine bestimmte Distanz zu laufen. Vielmehr ist alles wichtig, was du auch abseits der Laufstrecke oder des Laufbands tust, damit sich Laufen für Körper und Geist gut anfühlt.

Text: Ashley Mateo
Illustration: Jon Krause

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Ursprünglich erschienen: 9. November 2021

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