Neue Idole: Dylan Alcott

Athletinnen* und Athleten*

Dylan Alcott ist der aktuell beste Rollstuhltennis-Spieler der Welt. Doch wichtiger als neue Titel ist ihm, das Thema Behinderung in ein anderes Licht zu rücken, damit die nächste Generation von Spieler:innen ihre Träume verfolgen kann.

Letzte Aktualisierung: 9. September 2021
6 Min. Lesezeit

Mit 14 Major-Titeln, paralympischen Medaillen und unzähligen Turniersiegen ist der Australier Dylan Alcott eine absolute Legende im Rollstuhltennis. Doch es sind nicht seine sportlichen Erfolge, die ihn so besonders machen. Dylan versteht seine eigentliche Aufgabe darin, dazu beizutragen, dass junge Para-Athlet:innen anders wahrgenommen werden, damit sie das Leben leben können, das sie verdienen. Einer dieser Athleten ist der Rollstuhltennis-Juniorenmeister Ben Bartram. Die heutige Story bot dem 16-jährigen Ben die einmalige Gelegenheit, sich mit seinem Idol Dylan darüber zu unterhalten, wie der Sport ihr Leben verändert hat. Hier kommt ihr Gespräch.

Erster Aufschlag

Zum Einstieg erzählten Ben und Dylan, wie sie als Kinder den Sport entdeckten und wie er ihr Leben verändert hat.

BEN: Was bedeutet dir Tennis?

DYLAN: In der Schule wurde ich von einigen Kindern wegen meiner Behinderung schikaniert. Ich kannte auch niemanden mit einer Behinderung und war also mehr oder weniger auf mich allein gestellt, ein Außenseiter. Als ich anfing, Tennis zu spielen, lernte ich zum ersten Mal Menschen kennen, die so waren wie ich.

BEN: Da stimme ich dir definitiv zu. Sport hat eine extrem soziale Seite. Beim Tennis hatte ich nie das Gefühl, anders zu sein. Die Spielerinnen und Spieler um mich herum sind alle gleich, und das tut einfach gut. Außerdem hat mir Tennis auch in allen anderen Bereichen meines Lebens Selbstvertrauen gegeben.

DYLAN: Genau, das kommt beim Sport irgendwie automatisch, oder? Ich bin als Profi-Rollstuhltennisspieler in einer glücklichen Lage, aber die Generation vor uns hat es wirklich schwer gehabt. Die Spielerinnen und Spieler hatten nicht die gleichen Möglichkeiten wie du und ich. Für mich ist das nicht selbstverständlich.

Nicht nur für das Spiel

Im Laufe von Dylans Karriere rückte Rollstuhltennis in den Mittelpunkt. Hier spricht er mit Ben darüber, warum es damit genau dort ist, wo es hingehört. Und zwar nicht nur für Spieler:innen, sondern für Kinder auf der ganzen Welt mit Behinderungen.

BEN: Welchen Titelgewinn wirst du nie vergessen?

DYLAN: Ich glaube, mein denkwürdigster Erfolg war der bei den Australian Open. 2014 spielte ich dort zum ersten Mal, und zwar vor vier Leuten. Zwei davon waren meine Eltern. 2018 durfte ich dann in der Rod Laver Arena spielen, unserem Center Court bei den Australian Open. Es waren über 10.000 Leute da und Millionen von Menschen sahen das Match im Fernsehen.

Das Beste daran war, dass es auf dem großen Center Court barrierefreie, behindertengerechte Sitzgelegenheiten gibt. Dort saßen schätzungsweise 500 Kinder in Rollstühlen. Weißt du, ich hatte noch nie so viele Kinder mit einer Behinderung auf einmal gesehen, und das hat mich einfach umgehauen. In meiner Kindheit und Jugend haben behinderte Athletinnen und Athleten diese Erfahrung nie machen können. Als Kind habe ich immer davon geträumt, aber ich hätte nie gedacht, dass mein Traum wahr werden würde.

Die Leute wollen Rollstuhltennis sehen, weil es ein Spitzensport ist, aber der Sport verändert auch, wie die nächste Generation junger Athletinnen und Athleten, wie du einer bist, wahrgenommen wird. Ich möchte, dass du Wimbledon auf dem Center Court gewinnst, mit 15.000 Leuten im Stadion und Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern vor dem Fernseher. Was glaubst du, wie sich das anfühlt?

BEN: Yeah …[lacht.] Cool, oder? Geht mir genauso.

DYLAN: Du hast es verdient, denn du wirst der Beste der Welt sein. Es geht darum, diese Barrieren zu überwinden und aus der Welt zu schaffen.

BEN: Es wird definitiv von Jahr zu Jahr besser. Das Niveau der Spitzenleute ist einfach krass, und da ist noch lange kein Ende in Sicht. Ich kann es kaum erwarten zu sehen, wie sich der Sport in den nächsten fünf, zehn Jahren weiterentwickeln wird.

DYLAN: Weil es jetzt Vollzeitathletinnen und -athleten gibt, ist die Qualität des Tennissports einfach enorm. Alle sagen mir immer "Wahnsinn, ich kann nicht glauben, wie hart du den Ball schlägst oder wie schnell du bist." Ich antworte dann "Was hast du denn erwartet?" Aber ich bekomme langsam Angst, weil Jungs wie du mir bald ganz schön zu schaffen machen werden.

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Über den Tennisplatz hinaus

Gegen Ende ihres Gesprächs reden Dylan und Ben über ihre Hoffnungen für die Zukunft des Rollstuhltennis. Und was es bedeutet, ein echter Champion zu sein.

BEN: Worauf freust du dich am meisten, wenn du an die Zukunft unseres Sports denkst?

DYLAN: Am meisten freue ich mich darauf, dass er immer mehr zur Normalität wird. Ich möchte, dass wir in die Eliteprogramme der Grand Slams und aller Turniere auf der Welt integriert werden. Ich bin in erster Linie ein Spitzenathlet, der zufällig eine Behinderung hat und möchte, dass Athletinnen und Athleten mit einer Behinderung bei großen Turnieren mitspielen können. Denn das haben wir verdient.

BEN: Ja, es wäre auf jeden Fall gut, wenn mehr Rollstuhltennis-Turniere in die ATP und WTA integriert würden. Das wäre echt cool.

DYLAN: Und ich möchte einfach, dass der Sport wächst. Ich möchte, dass sich mehr Kids mit einer Behinderung sportlich ausprobieren. Das könnte ihr Leben verändern. Es geht nicht nur ums Gewinnen.

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BEN: Was meinst du damit? Momentan geht es mir ausschließlich ums Gewinnen.

DYLAN: Die Leute denken, es sei mein Lebensziel, Goldmedaillen und Grand Slams zu gewinnen, aber das stimmt nicht. Ich sehe meine wahre Aufgabe im Leben darin, alte Sichtweisen und Vorstellungen zu verändern und negative Stigmata abzubauen, damit Menschen mit Behinderungen das Leben leben können, das sie verdienen. Der Tennissport hat mir die Plattform gegeben, das zu tun. Und wenn man so darüber nachdenkt, geht es um mehr als nur darum, Tennismatches zu gewinnen.

BEN: Ja, ich liebe es, an Turnieren teilzunehmen.

DYLAN: Oh ja, sich im Wettbewerb zu messen, ist schon eine großartige Sache. Aber ich denke, ein wahrer Champion ist nicht die oder der mit den meisten Turniersiegen. Es geht um mehr als ums Gewinnen. Es geht darum, wofür man steht, wie man sich selbst und seine Community repräsentiert.

BEN: Dein Einfluss auf den Sport ist echt unglaublich.

DYLAN: Danke. Ich weiß das zu schätzen, Ben.

"Menschen mit einer Behinderung können so cool aussehen, wie sie wollen."

Dylan Alcott
Aktueller Weltranglistenerster im Rollstuhltennis

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Ursprünglich erschienen: 9. September 2021