Wie du das Schienbeinkantensyndrom beim Laufen verhindern kannst

Sport & Bewegung

Schienbeinschmerzen oder Schmerzempfindlichkeit des Schienbeins können ein Zeichen für das Schienbeinkantensyndrom sein, das für deine Laufleistung zum Problem werden kann. Das kannst du verhindern. Befolge einfach diese Tipps, um einem Schienbeinkantensyndrom vorzubeugen.

Letzte Aktualisierung: 19. Mai 2022
7 Min. Lesezeit
So beugst du dem Schienbeinkantensyndrom beim Laufen vor

Das Schienbeinkantensyndrom, auch als Tibiakantensyndrom bekannt, ist eine Verletzung, deren Ursache in einer übermäßigen Belastung liegt. Es handelt sich um eine Verletzung des Schienbeinknochens, der an der Vorderseite des Unterschenkels verläuft. Je nach Schwere der Verletzung kann es zu Schmerzen oder Schmerzempfindlichkeit führen. Es wird davon ausgegangen, dass 10,7 bis 16,8 Prozent der Läufer:innen davon betroffen sind, wobei Frauen einem zwei- bis dreimal höheren Risiko ausgesetzt sind.

Was sind die Ursachen für das Schienbeinkantensyndrom?

Das Schienbeinkantensyndrom kann beim Laufen entstehen, da das Schienbein vor allem auf harten Oberflächen wiederholt belastet wird. Jedes Mal, wenn der Fuß dabei auf dem Boden aufkommt, wird der Aufprall vom Unterkörper absorbiert. Das macht Laufen zu einer Aktivität mit hoher Belastung.

Zu den Aufgaben des Schienbeinknochens gehört es, den Aufprall zu absorbieren und zu dämpfen. Pro Kilometer trifft der Fuß fast 1.000 Mal auf dem Boden auf. Das Schienbein wird also stark belastet.

Mit dem richtigen Laufstil, der richtigen Laufform und den richtigen Laufschuhen stellt das kein Problem dar. Tatsächlich zeigt die Forschung, dass Laufen einen schützenden Effekt auf die Gelenke haben kann. Zum Beispiel hat eine vom Journal of Sports Medicine and Physical Fitness veröffentlichte Studie belegt, dass Laufen die Gesundheit der Hüft- und Kniegelenke verbessern kann.

Warum leiden so viele Läufer:innen unter Schmerzen aufgrund des Schienbeinkantensyndroms? Teilweise ist das auf übermäßige Belastung zurückzuführen. Je höher das Laufpensum, desto höher das Risiko. Die konstanten, repetitiven Aufprallmomente können das Schienbein überlasten. Deswegen haben Studien gezeigt, dass Marathonläufer:innen häufiger unter dem Schienbeinkantensyndrom leiden.

Auch bei Langstreckenläufer:innen kann zu häufiges Laufen zu einem Schienbeinkantensyndrom führen. Der Knochen kann sich nicht erholen. Wenn das Syndrom nicht behandelt wird, kann es zu einem Ermüdungsbruch des Schienbeinknochens und damit zu noch mehr Schmerzen führen.

Ein Ungleichgewicht der Muskeln oder Schwächen des Unterkörpers, wie verspannte Oberschenkelrückseiten oder eine schwache Hüftmuskulatur, können das Risiko für das Schienbeinkantensyndrom erhöhen. Dies führt zu einer zu hohen Belastung des Schienbeinknochens, der den Aufprall auf dem Boden abdämpfen muss.

Eine vom British Journal of Sports Medicine veröffentlichte Studie konnte bei Läufer:innen eine Verbindung zwischen dem Schienbeinkantensyndrom und schwachen Hüftmuskeln feststellen. Die Forscher:innen kamen sogar zu dem Ergebnis, dass die Anfälligkeit für das Schienbeinkantensyndrom ermittelt werden sollte, indem die Hüftkraft getestet wird.

Auch der Laufstil beeinflusst die Anfälligkeit für das Schienbeinkantensyndrom. Überpronation und Fersenaufsatz werden mit dem Schienbeinkantensyndrom in Verbindung gebracht.

Bei Fersenläufer:innen kann das Anheben der Zehen (Dorsalflexion) beim Aufprall zu einer Überlastung des Gewebes führen, welches das Schienbein umgibt. Auch Überpronation — übermäßiges nach-innen-Rollen des Fußes und Abflachen des Gewölbes beim Aufprall — belastet die inneren Strukturen des Beins. Dies kann zu Mikrorissen und Entzündungen des Gewebes führen. Beide Laufstile erhöhen das Risiko für das Schienbeinkantensyndrom.

Wie du das Schienbeinkantensyndrom verhindern kannst

  1. 1.Erhöhe dein Laufpensum langsam

    Erfahrene Läufer:innen sind weniger anfällig für das Schienbeinkantensyndrom. Ihre vorderen Schienbeinmuskeln sind stärker und können den Belastungen des Laufens besser standhalten. Anfänger:innen sind häufiger von der Erkrankung betroffen, da ihre Muskeln noch nicht so stark sind und bisher keinen Trainingsimpulsen ausgesetzt waren.

    Um dem entgegenzuwirken, solltest du dein Laufpensum langsam erhöhen, wenn du gerade erst mit dem Laufen beginnst oder wenn du nach einer Verletzung bzw. einer Auszeit einen Neustart machst. Wenn du der 10-Prozent-Regel folgst, erhöhst du dein Laufpensum schrittweise um je 10 Prozent. Wenn du zum Beispiel zum ersten Mal fünf Kilometer geschafft hast, läufst du beim nächsten Mal noch einen halben Kilometer mehr.

  2. 2.Wärme dich immer vorher auf

    Wenn du dich vor dem Sport nicht aufwärmst, kann das dein Verletzungsrisiko steigern. Deine Muskeln sind nicht warm und locker und daher möglicherweise nicht bereit für die Belastung.

    Viele Menschen haben verspannte Gesäßmuskeln, da sie den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen. Das Aufwärmen und Dehnen der Gesäß- und Wadenmuskeln sowie der vorderen und hinteren Oberschenkel kann den Muskeln dabei helfen, die Belastung des Aufpralls beim Laufen zu absorbieren und gleichmäßig zu dämpfen. Das schützt das Schienbein vor einer Überbeanspruchung sowie vor einem vermeidbaren Auftreten des Schienbeinkantensyndroms und Schmerzen.

    Versuche es am Anfang mit Gehen auf einem Laufband oder jogge locker auf der Stelle. Probiere diese dynamischen Dehnungen zum Aufwärmen aus:


    Wadenheben

    • Stelle dich in aufrechter Position auf eine Stufe. Die Füße sind hüftbreit auseinander.
    • Die Fersen befinden sich an der Kante der Stufe. Hebe jetzt deine Fersen vom Boden ab, bis du auf den Zehen stehst.
    • Senke die Fersen langsam wieder ab.
    • Wiederhole das Ganze 10 bis 15 Mal.

    Bodyweight Squats

    • Stelle dich in aufrechter Position auf eine Stufe. Die Füße sind hüftbreit auseinander.
    • Gehe in die Hocke. Dein Po geht dabei nach hinten, als wenn du dich auf einen Stuhl setzen würdest.
    • Deine Wirbelsäule bleibt gerade. Dein Brustbereich zeigt nach vorne und dein Oberkörper ist aufrecht.
    • Richte dich wieder auf.
    • Wiederhole das Ganze 15 bis 20 Mal.

    Zehenspitzen-Ausfallschritt

    • Stelle dich aufrecht hin. Die Füße sind hüftbreit auseinander.
    • Gehe mit dem linken Bein nach vorne in den Ausfallschritt. Lande dabei auf den Zehen des linken Fußes.
    • Gehe noch etwas tiefer in den Ausfallschritt.
    • Die Zehen des rechten Fußes sind in Richtung Spann gebogen, sodass du nur auf den Zehen stehst.
    • Mache jetzt mit dem rechten Bein einen Schritt nach vorne und wiederhole die Übung.
    • Mache abwechselnd links und rechts Ausfallschritte und bewege dich dabei vorwärts.
    • Wiederhole das Ganze 15 bis 20 Mal.
  3. 3.Die richtige Planung des Laufpensums

    Wenn dich auf einen Wettkampf vorbereitest und du öfter trainieren möchtest, solltest du dein Laufpensum sorgfältig planen. Fünf Long Runs pro Woche ermöglichen dir beispielweise keine ausreichende Regeneration. Dies kann zu Entzündungen und zu Symptomen von übermäßigem Training wie Ermüdungserscheinungen und dem Schienbeinkantensyndrom führen.

    Wir empfehlen, mindestens einen Tag Pause zwischen den Laufeinheiten zu machen, damit du dich ausreichend regenerieren kannst. Wenn deine Schienbeine wehtun, lasse eine Laufeinheit aus, damit sich dein Körper erholen kann. So vermeidest du ernstere Gesundheitsprobleme wie das Iliotibialband-Syndrom, Sehnenentzündungen der Kniescheibe oder Stressfrakturen.

    Hier sind ein paar Tipps zur Regeneration:

    • Trage während und nach dem Laufen Kompressionssocken, um den Blutfluss und die Regeneration zu unterstützen.
    • Achte auf eine entzündungshemmende Ernährung, um die Entzündung zu regulieren und die Regenerationszeit zu beschleunigen.
    • Nimm ausreichend Flüssigkeit zu dir.
    • Schlafe zwischen 7 und 9 Stunden.
    • Regeneration kann ein aktiver Prozess sein. An den Tagen, an denen du nicht läufst, kannst du Crosstraining machen. Das kann dir dabei helfen, wichtige Muskeln zu stärken, um Ungleichgewicht oder Schwäche der Muskeln vorzubeugen.
  4. 4.Baue regelmäßig Crosstraining ein

    Ungleichgewicht und Schwäche der Muskeln können zu einem Schienbeinkantensyndrom führen. Mithilfe professioneller Physiotherapeut:innen oder medizinischen Fachkräften kannst du herausfinden, ob und wo bei dir ein Ungleichgewicht vorliegt. Du kannst dann entsprechend an diesen Punkten arbeiten, indem du mehrmals die Woche auf Krafttraining, Calisthenics, Yoga oder andere Übungen zurückgreifst.

  5. 5.Trage die richtigen Schuhe

    Das Tragen der richtigen Schuhe ist bei der Vorbeugung des Schienbeinkantensyndroms unerlässlich. Dies ist besonders wichtig für Menschen, die:

    • Überpronieren
    • Sich von einer Verletzung erholen
    • Zum Fersenaufsatz neigen
    • Große Distanzen laufen
    • Häufig laufen gehen

    Besorge dir Laufschuhe mit Dämpfung und Arch Support, die das Absorbieren des Aufpralls unterstützen. Die richtigen Laufschuhe können bei der Vermeidung des Schienbeinkantensyndroms helfen.

  6. 6.Arbeite an deiner Lauftechnik

    Knieschmerzen, Schienbeinschmerzen und Verletzungen des Schienbeinknochens können darauf hindeuten, dass deine Lauftechnik angepasst werden muss. Nachstehend findest du ein paar häufige Fehler:

    • Fersenaufsatz
    • Übermäßige Dorsalflexion des Fußes
    • Zu große Schritte ("Overstriding")
    • Zehenabstoß

    Mit der richtigen Haltung, dem richtigen Trainingsprogramm und den richtigen Laufschuhen kannst du das Risiko für Schienbeinkantensyndrom reduzieren und deine Laufleistung verbessern.

Ursprünglich erschienen: 23. Dezember 2021