Ab auf den Trail!

Coaching

Du hast die Lust am Laufen verloren? Dann verlasse gewohnte Pfade und geh "off-road". Mit diesen Tipps von Profi-Trailrunnern findest du deinen Weg.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2020
Vorbereitung auf deinen ersten Trail-Lauf

Mit Beginn der neuen Jahreszeit geht beim Laufen oft die Motivation verloren und es wäre vielleicht an der Zeit, mal etwas Neues auszuprobieren. Warum nicht mit dem Trailrunning beginnen?

"Wenn in der letzten Zeit alles Routine geworden zu sein scheint oder du den Spaß am Laufen verloren hast, kann Trailrunning wie eine Art mentaler Neustart wirken, der dich auch physisch vor ungewohnte Herausforderungen stellt", erklärt Nike Run Club Coach Jessica Woods, Ultraläuferin und Coach des Ultra- und Trail-Teams des Brooklyn Track Club.

Da wäre zunächst einmal die Natur. "Beim Trailrunning musst du nicht an Ampeln Halt machen. Du atmest keine Abgase ein und Verkehrslärm gibt es nicht", so Sally McRae, Nike Trail Elite-Ultramarathonläuferin und Trailrunning-Coach aus Bend in Oregon. "Du läufst durch den Wald, über unbefestigte Wege und blühende Wiesen. Du atmest frische Luft und hörst den Wind. Das ist Anti-Stress-Therapie pur und du fühlst dich anschließend um Jahre jünger." So geht es nicht nur McRae. Eine im "PNAS" veröffentlichte Studie hat herausgefunden, dass selbst kurze körperliche Aktivitäten in der Natur das psychologische Wohlbefinden stärker positiv beeinflussen als entsprechende Aktivitäten in einer urbanen Umgebung. Das mag daran liegen, dass es in der Natur ruhiger ist und man schnell ein Gefühl von Weite bekommt. Es ist fast so etwas wie eine Zuflucht.

Doch abgesehen davon gibt es im Vergleich zum gewohnten Lauf auf der Straße noch einen weiteren Unterschied: "Beim Trail-Lauf ist praktisch kein Kilometer wie der andere", sagt Woods. "Nach einer Steigung folgt vielleicht ein ebenes Stück, auf dem du das Gefühl hast, zu fliegen". Woods und McRae sind sich einig, dass dieses neue und abwechslungsreiche Terrain Muskeln und Geist auf ganz besondere Weise fordert: Man weiß nie, was als nächstes kommt. Und wenn du dabei noch ein paar kleine Berge überwinden musst, umso besser! Schwere Strecken sind nicht nur gut für Kraft und Ausdauer, sondern sie stärken auch deine Resilienz, so eine 2019 im "Journal of Physical Education and Sport" veröffentlichte Studie. Und das hilft dir, auch Herausforderungen im Alltag müheloser zu bewältigen.

"Wenn in der letzten Zeit alles Routine geworden zu sein scheint oder du den Spaß am Laufen verloren hast, kann Trailrunning wie eine Art mentaler Neustart wirken, der dich auch physisch vor ungewohnte Herausforderungen stellt."

Jessica Woods
Ultraläuferin und Nike Run Club Coach

"Außerdem", fügt Woods hinzu, "musst du dich mehr auf den Weg konzentrieren und lässt dich durch die ansprechende Umgebung ablenken. Und plötzlich merkst du, dass du ganz zufällig 10 Kilometer gelaufen bist."

Überzeugt? Dann lies hier, was du bei deinem ersten Trail-Lauf beachten solltest.

Vorbereitung auf deinen ersten Trail-Lauf

1. Such dir eine geeignete Strecke.
Du lebst in der Stadt? Oder im Flachland? Keine Angst, geeignete Strecken lassen sich überall finden. Nutze eine Trail-App, frag in deinem Lauffachgeschäft nach oder sieh dir an, wo in deiner Umgebung ein Trail-Wettkampf stattfindet und nimm diese Strecke. Aber lauf nicht einfach unvorbereitet los.

Dir sollte nicht nur als Einsteiger immer klar sein, worauf du dich einlässt, warnt McRae. Wichtig ist die Ausgangshöhe (Studien zeigen, dass sich alles, was über 600 Metern liegt, negativ auf die Ausdauerleistung auswirkt). Dazu kommt noch die Steigung. Hier gilt laut McRae die Faustregel: Steigungen von maximal 20 Metern auf 1 km gelten als leicht, 21 Meter bis 60 Meter sind mittelschwer, alles andere ist schwer. Wichtig ist auch das Terrain: Wege mit festem Untergrund sind am Anfang leichter zu laufen als geschotterte Wege. Und wenn ein Trail mit "Technical" beschrieben wird, dann sollten hier nur erfahrene Trailrunner laufen. Schließlich sollten noch die aktuellen Bedingungen berücksichtigt werden, also zum Beispiel das Wetter oder Wegsperrungen. Entsprechende Infos findet man auf offiziellen Websites mit Trail-Strecken.

2. Vergiss deinen Pace.
Du läufst auf der Straße normalerweise einen Pace so um die 5:00? Beim Trailrunning wirst du davon nur träumen können. Du fängst praktisch mit einem völlig neuen Sport an. Je nach Untergrund brauchst du für einen Trail 50 Prozent mehr Zeit als für dieselbe Distanz auf der Straße, erklärt Woods. "Selbst derselbe Trail an einem anderen Tag kann wie eine völlig neue Strecke sein", sagt sie. "Für einen schlammigen Trail brauchst du unter Umständen doppelt so lang, als wenn du ihn bei schönem, trockenen Wetter laufen würdest." Aus diesem Grund empfiehlt Woods, einen Trail-Lauf nach Gesamtlaufzeit zu planen. Du könntest dir also zum Beispiel vornehmen, 60 Minuten zu laufen, anstatt dich auf Kilometer oder Tempo zu konzentrieren.

3. Geh Steigungen clever an.
Hör bei intensiven Steigungen auf deinen Körper und versuche, die Anstrengung zu "erspüren". In der Fachsprache heißt das die Rate der empfundenen Anstrengung (Rate of Perceived Exertion oder RPE). Sie wird normalerweise auf einer Skala von 0 bis 10 gemessen, wobei 10 extrem anstrengend ist. Um zu verhindern, dass du dich auf herausforderndem Terrain nicht verausgabst, solltest du darauf achten, dass deine RPE bei Steigungen die gleiche ist wie auf ebenen Strecken, selbst wenn du dann eigentlich gehst statt läufst. "Eine 20-minütige Megasteigung kann genauso entspannend sein wie ein 8-minütiger Bergablauf", erklärt Woods. "Den größten Fehler, den Läufer bei der Umstellung von der Straße auf den Trail machen, ist, dass sie meinen, sie müssten konstant laufen. Aber beim Trailrunning geht jeder zwischendurch."

4. Entwickle einen flexiblen Laufstil.
Auf der Straße solltest du deine Ellbogen für maximales Tempo und optimale Laufökonomie gerade nach hinten ziehen. Das gilt aber nicht für Trails. "Manche Läufer rudern beim Bergablaufen oder auf schwierigem Terrain wie wild mit den Armen. So bleiben sie im Gleichgewicht", erzählt Woods. Du kannst deine Ellbogen auch zu Seite ausstrecken, wenn du um eine Kurve läufst oder von einem Stein zum nächsten springst, falls du dich damit wohler fühlst. "Oder halte dich an Bäumen und Felsen fest, um deine Balance zu finden", ergänzt Woods.

Weitere Tipps: Mach bei steilen Bergabläufen oder auf felsigen Strecken kurze Schritte, sonst machen deine Oberschenkel irgendwann schlapp oder du verstauchst dir den Knöchel, wenn du zu schnell läufst. "Lauf federnd und leicht", empfiehlt Woods. "Stell dir vor, du würdest über den Trail oder die Felsen tanzen." Wenn die Füße schwer werden, ist das ein Zeichen, dass du müde wirst. Mach langsamer und warte, bis du so fit bist, dass du wieder durchstarten kannst.

5. Bleib wachsam.
Auch wenn die Versuchung groß ist: Schau beim Laufen nicht auf deine Füße, besonders als Anfänger. McRae empfiehlt, etwa 2 bis 5 Meter vor sich auf den Boden zu blicken und auch die Seiten des Trails im Auge zu behalten. "Wenn du dann an dem Punkt angekommen bist, hat dein Gehirn realisiert, was vor dir liegt", sagt sie. Und lass deine Kopfhörer zuhause. Musik lenkt dich von der Strecke ab, ergänzt Woods. Die Natur sorgt ohnehin für einen ganz besonderen Soundtrack.

6. Trainiere deinen Körper für das Terrain.
Um ungewöhnliche Steigungen und Trails voller Hindernisse wie umgestürzte Bäume zu meistern, ist strategisches Krafttraining sehr zu empfehlen. "Auf Trails brauchst du Balance, musst seitliche Bewegungen sicher beherrschen und auch auf einem Bein mobil sein. Ich schwöre deshalb auf Übungen mit immer nur einer Körperseite", erklärt Woods. Sie empfiehlt seitliche Ausfallschritte, Courtesy Squats und einbeinige Toe Touches als Ergänzung zu den üblichen Kraftübungen. Mach sie am besten barfuß auf einer Wiese, um auch die kleinen, stabilisierenden Muskeln in den Füßen und Knöcheln zu aktiveren. Laut Woods hilft das, Stürze zu vermeiden, wenn du dann in Schuhen über den Trail rennst.

Das faszinierende an der ganzen Sache ist: Je mehr Trails du läufst, desto leichter werden dir diese Übungen und die meisten anderen Fitnessherausforderungen fallen. Und es fühlt sich einfach cool an, wenn man auf den langen, mörderischen Trail zurückschaut, den man geschafft hat, und einem klar wird: "Den bin ich gerade gelaufen."

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Mach mehr aus deinem Training

In der Nike Training Club App findest du weitere Expertentipps zu Themen wie Regeneration, positive Einstellung, Bewegung, Ernährung und Schlaf.

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Ursprünglich erschienen: 11. November 2020

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